Die Gemeinde Berg würde heute nicht so heißen und so gestaltet sein, wie wir sie so lieben, hätten im Jahre 1974 zwei Höhenrainer Gemeinderäte nicht ihre Meinung geändert oder zwei Berger Bürger anders abgestimmt. Es war ein Verwaltungskrimi, er ist im Archiv von Berg nachzulesen und er geht so:
Am 27. Juli 1973 schreibt das Landratsamt an die Gemeinden Berg, Bachhausen, Höhenrain einen folgenreichen Brief. Eine Gebietsreform stehe an, in dessen Zug die Gemeinden Berg, Höhenrain und Bachhausen, sowie das unbewohnte, gemeindefreie Gebiet “Waldhäuser Gräben” (!) zusammengelegt werden sollen.
Post vom Landratsamt: ihre Gemeinde wird verschwinden
Am längsten wehrte sich die Gemeinde Höhenrain. Ein Jahr später, am 22. Juli stimmt man dort im Gemeinderat ab. Der Antrag zur Zusammenlegung wird mit 7:5 Stimmen abgelehnt. 5 Ratsmitglieder verlassen unter Protest den Saal. 9 Tage später tagt trotz des Votums der gemeinsame Ausschuss der Gemeinden: In der Diskussion “bringt Herr Bürgermeister Monn, Gemeinde Höhenrain (Jacob, der Vater; Anm,. d. QUH) vor, daß er nochmals einen Wunschkatalog für die Gemeinde Höhenrain einreichen möchte. In einer zum Teil sehr lebhaften Diskussion wird hierfür kein Verständnis aufgebracht, da das Thema “besondere Wünsche” längst behandelt und abgeschlossen ist.”
“Besondere Wünsche” aus Höhenrain werden abgelehnt
Trotzdem wird im Gemeinderat von Höhenrain nach der Sommerpause am 2. September 1974 auf Antrag von Hans Diehl eine neue Abstimmung durchgeführt. 2 Gemeinderäte haben ihre Meinung geändert. Diesmal wird mit 7:5 Stimmen für die Aufhebung des Beschlusses gegen die Zusammenlegung der Gemeinden gestimmt. Der Weg zur Vereinigung war frei. Der Wunsch nach Höhenrainer Sonderregelungen bleibt bestehen: Höhenrainer Grundstücke sollten 4 Jahre lang bevorzugt nur an Höhenrainer vermietet oder veräußert werden. Man wünscht sich einen Gehweg an der Staatsstraße, sowie eine “Erweiterung der Straßenbeleuchtung um ca. 30 Lampen“. Jacob Monn kann sich damit bedingt durchsetzen.
Aber es gab noch ein Problem. Die neue Gemeinde braucht einen Namen. Berg ist für “Berg”. Bachhausen und Höhenrain sind für “Aufkirchen”. Es kommt parallel zu Landtagswahl von 1974 am zur Bürgerbefragung. Knapper hätte das Ergebnis nicht ausfallen können: 1302 Bürger stimmen für den Namen “Berg” und 1298 – nur 4 weniger – für den neuen Namen “Aufkirchen”.
Die Bürger haben abgestimmt: 1302 für “Berg” – 1298 für “Aufkirchen”
Am 16. Dezember 1974 ging dann der offizielle “Bescheid” der Regierung von Oberbayern ein. Seit 1. Januar 1975 gilt: ““Die neue Gemeinde erhält den Namen ‘B e r g'”:
Zur Begründung wurde allerdings nicht nur das Abstimmungsverhalten der Berger Bürger angeführt: “Der Name einer Gemeinde soll auf deren Verwaltungssitz hinweisen. (…) Auch ist der Name Berg durch das dortige Schloß und das Schicksal König Ludwigs II. ins Bewusstsein breitester Schichten auch außerhalb von Bayerns eingegangen. Bei der Anhörung zum Namen der zukünftigen Gemeinde haben sich die Bürger mit 4 Stimmen Mehrheit für den Namen Berg (Berg 1302 Stimmen, Aufkirchen 1298 Stimmen) ausgesprochen. Der Gemeinderat Berg befürwortet den Namen Berg, während die Gemeinderäte Bachhausen und Höhenrain den Namen Aufkirchen befürworten. Das Bayerische Hauptstaatsarchiv hat sich im Hinblick darauf, daß der Gemeindeteil Berg größer als der Gemeindeteil Aufkirchen ist, und Sitz der Verwaltung werden soll, für den Namen Berg ausgesprochen. Auch ist Berg der bekanntere Ort. Auch ist in den Quellen (…) Berg schon wesentlich früher erwähnt als Aufkirchen (…). Berg (locus Perle, locus ad Perle) wird schon im Jahre 822 erstmals genannt (…). Aufkirchen namentlich erstmals gegen Ende des 10. Jahrhunderts. (…) Dem Wunsch der Gemeinderäte Bachhausens und Höhenrain konnte daher nicht entsprochen werden.”
Aus heutiger Sicht ist besonders folgenreich, dass Berg in Zuge der Gemeindereform auch das bis dahin “gemeindefreie” Gebiet “Waldhäuser Gräben” zugesprochen kam, das heute für Groß-Diskussionen sorgt.
Da sage noch einer, Aktenstudium sei langweilig.
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Ein paar weitere Details: Bei der Vereinigung wurden aus den unterschiedlichen Gemeindeteilen unterschiedliche Verordnungen ins Ortsrecht übernommen.
Aus Berg stammen u.a. die Verordnungen über “das Verhalten beim Zelten”, “das Halten von Hunden”, die “Einfriedungen”, die “Gemeindegetränkesteuer” (wo ist sie geblieben?). die “Benutzung des gemeindlichen Kanalnetzes” und die “Rechtsstellung des 1. Bürgermeisters”.
Aus Höhenrain wurden übernommen, die Verordnungen über “Erschießungsbeiträge”, die “Nummerierung der Grundstücke”, die “Erhebung der Feuerschutzabgabe”.
Aus Bachhausen stammt allein die Satzung über den “Betrieb und die Benutzung der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage”.