Am Morgen danach: Windkraft in den Wadlhauser Gräben

Es war ein emotionaler Abend, der da gestern im Gasthof zur Post in Aufkirchen stattfand. Ganz klar, dass in erster Linie Gegner der geplanten Windkraftwerke den Weg in die Post fanden und so mussten sich Bürgermeister Monn und die von ihm aufs Podium geholten Experten vor allem Argumente gegen die Windkraft in den Wadlhauser Gräben anhören.


BM Dr. Matthias Ruhdorfer aus Schäftlarn war der erste Redner des Abends

Da war die Rede von Infraschall, Schlagschatten, Imagepolitur, fehlender Naturschutzgutachten und fehlender Wirtschaftlichkeit, abgeholzten Bergrücken und immer wieder das Argument der viel zu geringen Abstände zur Wohnbebauung. Auch rechtliche Schritte gegen die Berger Politik wurden immer wieder angedeutet.

Den Rücken stärkten dem Berger Bürgermeister Altgemeinderat Morsbach, der mit dem Mikrofon in der Hand die Nähe zum Podium suchte und BM Monn zu seiner Vorgehensweise beglückte, sowie der zweite Bürgermeister der Gemeinde Berg Karl Brunnhuber, der die Ruhe der Herren auf dem Podium bewunderte. Er wies nochmals darauf hin, dass die Politik, die hier von der Gemeinde Berg betrieben wurde, vor allem zwei Komponenten beachte: Nämlich erstens durch die Ausweisung eines Flächennutzungsplans den bevorstehenden Wildwuchs von Windkrafträdern einzudämmen, die laut Bundesgesetz als privilegierte Bauwerke angesehen werden und so beinahe überall aufgestellt werden können, es sei denn eine Gemeinde weist eine entsprechende Fläche aus, auf der und nur auf der entsprechende Bauwerke erstellt werden dürfen. Das unternimmt die Gemeinde Berg gerade. In diesem Flächennutzungsplan wiederum wird der Abstand zu bestehende Wohnbebauung festgeschrieben. Und auch hier geht die Gemeinde sehr viel weiter, als der Gesetzgeber vorschreibt. Gesetzlich festgesetzt ist ein Mindestabstand von dreifacher Höhe des Windrades zur nächsten Wohnbebauung. Das bedeutet bei einem 200 Meter hohen Windrad einen Abstand von 600 Meter. In den Wadlhauser Gräben sollen es mindestens 1250 Meter sein.


Die Schlange der Redner war lange: Wer einmal das Mikro erobert hatte, gab es oft erst unter BUH-Rufen wieder frei

Immer noch viel zu wenig, mahnt Martin Sontheim aus Machtlfing vom Verein Vernünftiger Umgang mit Windrädern an. Die hier zugrundeliegenden Abstände zur Wohnbebauung sind für die Bevölkerung schlicht inakzeptabel, die Größe der Windräder vollkommen überdimensioniert und eine Erntefläche pro Windrad von mehr als 11.000 Quadratmeter totaler Realitätsverlust, meint Sontheim.

In der hitzigen Diskussion wurde BM Monn nicht müde stets den Schutz der Bürger und zwar sowohl den der Berger als auch den der Bürger der Nachbargemeinden in den Vordergrund zu stellen. Ganz klar sagte er aber auch, dass man sich bei der Erstellung der Windkraftwerke nicht das Zepter von Privatinvestoren aus der Hand nehmen lassen wolle. Die Wertschöpfung der Kraftwerke solle optimalerweise in der Gemeinde Berg oder wenigstens in der Region bleiben. Über eine direkte Beteiligung der Bürger denke man intensiv nach, wie diese gestaltet würde, darüber lässt sich momentan noch keine Aussage treffen. Denn noch stehe man ganz am Anfang eines schwierigen Prozesses, der mit dem aktuellen Flächennutzungsplanverfahren erst beginne.

In Robert Sing von den Stadtwerken München hat die Gemeinde Berg in jedem Fall einen kompetenten Fachmann an ihrer Seite. Und Wilhelm Seerieder von den Bayerischen Staatsforsten betonte in seinem Abschlusswort nochmals: „Wenn wir den Umgang mit der Windenergie jetzt nicht gestalten, dann wird uns die Entwicklung überrollen.“

Als BM Monn, Kreisbaumeister Dr. Christian Kühnel und die anderen Experten die Kulisse des neuen Theaterstücks der Aufkirchner Bühne verließen, war die Stimmung im Saal immer noch aufgeladen. Bis weit nach Mitternacht wurde noch in kleineren Runden weiterdiskutiert.

Einen freute es zumindest: Neuwirt Dada.

Post-Hausherr Andi Gröber sei an dieser Stelle noch mal für die Unterstützung mit gut aufgeladener Hardware für die ersten Liveberichte aus dem Saal gedankt.

Kommentieren (8)

  1. aviator
    19. Oktober 2011 um 12:47

    Anstrengungsloser Wohlstand 😉 Die Gefahren von Lärmbelästigung, Infraschall und Vogelschlag sind für die Wadlhauser Gräben wohl eher gering, denn: Das Alpenvorland ist nachweislich eine der windschwächsten Regionen Europas, und da werden die Windräder auch bei großen Nabenhöhen die allermeiste Zeit nur gemächlich vor sich hin quirlen, wenn sie nicht gleich ganz stehen.

    Daß die Gemeinde Berg für WKAs ein bestimmtes Gebiet ausweist um damit diesen modernen Spargelanbau an beliebigen Orten in der Gemeinde zu verhindern, ist sicher richtig. Aus Sicht der Gemeindebürger erhebt sich allerdings die Frage, warum die Gemeinde diese in unserer Region völlig ineffektive Form der Stromerzeugung unbedingt selbst betreiben will. Dafür gibt es keinen vernünftigen Grund, denn das Abgreifen der sozialschädlichen Stromsubventionen funktioniert ja auch nur dann, wenn die untere Grenze der fiktiven (weil subventionierten) Wirtschaftlichkeit nicht unterschritten wird. Diese untere Grenze wird aber regelmäßig von WKAs nicht erreicht. Der Kursverlauf des RENIXX (http://www.iwr.de/erneuerbare-energien/aktien.html) und die Aktienkursverläufe der diversen WKA-Hersteller von 2002 bis 2011 sagen ja alles.

    Würde der Bau und Betrieb der WKAs in den Wadlhauser Gräben dagegen Unternehmen überlassen, die im Wettbewerb bestehen müssen, so würden diese wahrscheinlich gar nicht gebaut. Unwirtschaftliche Geschäftsmodelle werden nämlich in der Regel nur von Leuten betrieben, die das Geld, welches sie ausgeben, nicht selbst erarbeiten müssen und Verluste in öffentlichen Haushalten verstecken können.

  2. Nicht ob sondern wo
    19. Oktober 2011 um 21:25

    Was ist gut und wahr? Es ehrt den Aviator, trotz ersichtlicher Hoffnungslosigkeit, die Berger Verantwortlichen immer aufs Neue auf ihre jammervolle physikalische Ignoranz aufmerksam zu machen. Wo sich aber ideologische Scheuklappen mit einem aufsässigen Gutmenschentum zu einem derart ekelhaft penetranten Sendungsbewusstsein* paaren, wie in Berg, muss die schlichte menschliche Intelligenz einfach ins Leere laufen.
    Ich setze da meine Hoffung in die drei ehernen Gesetze:

    1. das menschengemachte: Wenn der Berger FNP auch am Ende derart dilettantisch ausfällt wie bisher, wird er allemal vor Gericht scheitern (und was das bedeutet, weiß besonders der Herr Monn);

    2. das physikalische: s. Aviator;

    3. das göttliche: Auch diejenigen, die jetzt in höhnischer Selbstgewißheit das Leid Anderer beschließen, werden später dafür zu büßen haben. So ein Fegefeuer kann recht lange dauern.

    ——————
    * Wikipedia: “Als Sendungsbewusstsein bezeichnet man die Gewissheit eines Menschen, der im eigenen Kreis ausgebildete Lebensstil sei so vorbildlich und vorteilhaft, dass er daher auf andere ausgedehnt werden müsse. Es kann bei Einzelnen, in einem Volk, einer religiösen Gemeinschaft oder einem politischen Verband, beispielsweise einer Partei ausgeprägt sein.”

    • QUH-Gast
      19. Oktober 2011 um 22:55

      Die jammervolle Ignoranz Sehr schön gesagt, leider mit falschem Bezug.

      … Hoffnungslosigkeit … Scheuklappen …aufsässigen … ekelhaft … penetrant …

      So viel Scheiß in einem Absatz kann man doch eigentlich garnicht zusammenbringen. Ich verstehe ja, dass Euch die Windräder sehr nahe gehen und sehe das ganze auch nicht Unkritisch, aber bemüht Euch doch bitte um sachliche Kommentare.

    • ammer
      20. Oktober 2011 um 11:29

      Physik den Physikern! Sehr wundern muss ich mich über die andauernden Aussagen, dass sich Windkraftanlagen nicht lohnen. Zum einen liegen zwei Gutachten vom TÜV und einem der angesehendsten Windgutachter Deutschlands vor, die genau das Gegenteil aussagen. Auch wenn man das schlechtere (das des TÜV) heranzieht, gibt es keine Probleme die Räder zu refinanzieren. Auch wenn man sich nur auf den (minimal subventionierten) Strompreis bezieht. Wenn die Gemeinde selbst den Strom am Markt anbietet, sieht das nochmal ganz anders aus.

      Richtig lustig wird es, wenn mit sinkenden Aktienkursen argumentiert wird. In der Folge hieße das, dass die “Deutsche Bank” unrentabel wäre. Hihi.

    • aviator
      20. Oktober 2011 um 15:14

      Ein Hoch auf die Physik. Sehr geehrter Herr Ammer,

      nun ja, den Aktienkurs einer Bank kann man nicht auf den eines WKA-Herstellers übertragen. Solche Kursverläufe:

      http://www.onvista.de/aktien/snapshot.html?ID_OSI=12107316&PERIOD=6#chart

      korrelieren nämlich recht gut mit dieser Situationsbeschreibung:

      http://www.welt.de/finanzen/geldanlage/article13314576/Anleger-warten-vergeblich-auf-Geld-aus-Oekofonds.html

      In diesem Artikel wird das grundsätzliche Problem der falschen Windprognosen angesprochen, und darum geht es. Die Neuinstallationen von WKAs sind folgerichtig stark rückläufig.

      Die Frage, was Ihnen denn der angesehene Windgutachter und der TÜV auf welcher Datenbasis errechnet haben, wäre daher durchaus interessant zu erfahren. Mir ist zudem aufgefallen, daß die Winddaten, welche die Meßeinrichtung jeder WKA im Abstand von 5-6 Minuten ermittelt, flächendeckend als Staatsgeheimnis behandelt werden. Mit diesen Daten und dem Kennblatt der WKA läßt sich nämlich problemlos die tatsächliche Effizienz eines WKA-Standorts errechnen, und das ist offenbar nicht unbedingt erwünscht. Auch Herr Sing, den ich um diese Daten der Münchener WKA gebeten habe, hat das kategorisch abgelehnt.

      Ich mache mir die z.T. unsägliche Kritik an den Berger WKA-Plänen nicht zu eigen, aber wenn angesichts dieses Proteststurms die Grundlagen für die Gemeinderatsentscheidungen nicht offengelegt werden, wird es zu keinem rationalen Diskurs in der Sache kommen.

      Insofern bin ich Ihrer Meinung: Physik den Physikern. Ich verfüge mittlerweile über die vollständigen Winddaten des Jahres 2009 mit 5-Minuten-Auflösung in einer Höhe von 640m MSL und einem Abstand von 12km zu den geplanten WKAs in Berg. Dadurch kann ich die gutachterlichen Aussagen durchaus mit der Realität vergleichen.

      Mit freundlichen Grüßen,

      Michael Stock

  3. jumbo
    20. Oktober 2011 um 13:02

    Mal ganz allgemein, möchte ich folgendes anmerken:

    Es wäre wünschenswert, die Debatte zwar mit Emotion, aber nicht mit persönlichen Angriffen und unpassender Wortwahl zu führen. Dazu ist das Thema “erneuerbare Energien” zu wichtig.

    Ich finde es unfair, die von uns gewählten Vertreter in teilweilse nicht akzeptablem Ton und mit Unterstellungen anzugreifen, die unter die Gürtellinie gehen. Manche hochrangigen Politiker mussten schon aufgrund von Vergleichen, die hier im Blog ebenso geäußert wurden, ihren Hut nehmen. Sicherlich, jeder/jede von uns hat seine/ihre eigene Meinung. Aber wir alle haben diese Vertreter gewählt, damit sie für unser Gemeinwohl eintreten und Entscheidungen treffen. Müssen wir ihnen unterstellen, das nur aus Eigennutz und in völliger Inkompetenz zu tun? Auch sie alle leben in der Region, um die es geht.

    Und nochwas: Mal abgesehen von den physikalischen Faktoren beschleicht mich mehr und mehr der Eindruck: Atomkraft – nein danke! Aber alles andere nicht vor meiner Haustüre. Das ist schon alleine denen gegenüber ein Spott, die jahrzehntelang – gewollt oder ungewollt – in unmittelbarer Nachbarschaft eines Atomkraftwerkes leben mussten, dessen Energie wir alle verbraucht haben. Das Gefahrenpotential im Vergleich zur Windenergie ist ja wohl kaum vergleichbar – siehe die letzten Entwicklungen in Japan. Vorsicht vor einer verlogenen Debatte.

    Ich selbst wäre bereit, die mit einem Windrad einhergehenden “Einschränkungen”, die mir zurzeit nicht wirklich lebenseinschränkend vorkommen, in meiner Nachbarschaft hinzunehmen.

    • quh
      20. Oktober 2011 um 17:57

      Von Herzen: Danke, Jumbo!

  4. QUH-Gast
    23. Oktober 2011 um 18:08

    Betreff Windkraft Alle Interessierten können den Bürgerbrief des Vereins zum Schutz der Wadlhauser Gräben auf deren Homepage einsehen:

    http://wadlhausergraeben.gmxhome.de/Main.html