Stillstand als Fortschritt

Es war zufällig der letzte Tag der Amtszeit von Präsident Obama. So konnte Clemens Verenkotte beim ökumenischen Neujahrsempfang der beiden christlichen Kirchen in Berg sozusagen über eine abgeschlossene historische Periode sprechen. Sein Thema klang weit theoretischer, als sein Vortrag war: “Stillstand in Nahost: Israels Politik und Gesellschaft”.

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Pfarrer Habdank konnte sich über ein volles Haus und interessante Gäste freuen

Mit dem Bibelwort “Ich schenke Euch ein neues Herz” begrüßte Pfarrer Habdank die vielen Gäste, die das Katharina-von-Bora-Haus füllten. Nach einem erstaunlich perfekten Vortrag eines jungen Streichquartettes aus der Gemeinde, das in wenigen Wochen auch bei “Jugend musiziert” antreten wird, und nach den Grußworten der beiden Pfarrer kam der diesjährige Redner: Clemens Verenkotte nach vorn. Da Clemens Verenkotte, der außenpolitische Redakteur des BR, der langjährige USA- und Israel-Korrespondent und Neu-Berger nicht nur außergewöhnlich viel über Politik weiß, sondern auch gut und gerne spricht, setzte er sich zunächst per Mobilfunkgerät eine Frist von 30 Minuten Redezeit. Es waren fakten- und thesenreiche 30 Minuten.

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Clemens Verenkotte, eine Bereicherung für die Gemeinde 

Verenkottes zentrale Thesen: Israel sei erleichtert, dass die Amtszeit von Präsident Obama endlich vorbei ist, der sich – obwohl er die Militärhilfe für Israel aufgestockt hat – mehr um den Iran-Deal als um ein allzu gutes Verhältnis zu Israel gekümmert habe. “Schmeißt schon mal die Bulldozer an”, heiße es übertrieben in einigen israelischen Siedler-Kreisen. Das zentrale Wort aus dem Titel der Rede, der “Stillstand”, sei für diese Region ja schon als eine gute Entwicklung anzusehen. Die eigentlich ausgehandelte 2-Staaten-Lösung für Israel und Palästina werde es – nicht nur nach Einschätzung des amerikanischen Außenministers John Kerry – nicht geben. 

Allerdings sei ein um die Palästinenser-Gebiete vergrößerter israelischer Staat auch kaum denkbar, da dann rein demographisch die Juden in der Minderheit gegenüber den Arabern wären. “Einen Israelischen Staat und eine Demokratie” wird es auf Dauer in diesem Land vielleicht nicht geben können, lautete denn die verblüffendste These des hochinteressanten Vortrages, der noch für viele Diskussionen unter den Anwesenden sorgte.