Altgediente Ratsmitglieder wissen: Oft trügt der Schein. Nicht selten verhält sich die Länge einer Tagesordnung umgekehrt proportional zur Länge der zugehörigen Sitzung. Nicht so heute Abend: Die 16 Tagesordnungspunkte der öffentlichen Sitzung verlangten auch die ihnen gebührende Zeit.
Heißes Eisen Drahtesel
Wilde Diskussionen gab es gleich bei den Anfragen aus dem Gemeinderat: GR Manninger (CSU) kritisierte, die Einrichtung der Fahrradstraße südlich von Leoni entspräche nicht dem Vorschlag, den die Bürgerbeteiligung dem Gemeinderat gemacht hätte. Sie betonte den Gefahrenaspekt und fürchtete auch Probleme mit den Anliegern. Eine Gemeinschaftsstraße sei wünschenswerter gewesen.
Bgm. Steigenberger wies darauf hin, dass bei der Vorstellung des Radwegekonzepts alternativ eine Fahrradstraße oder eine Gemeinschaftsstraße gefordert worden sei – letztere funktioniere aber nur innerorts, es gebe keine Möglichkeit dafür außerorts. Auf einer Fahrradstraße dürften Radfahrer nebeneinander fahren, es gelte weiterhin 30 km/h, und Autofahrern müsse klar sein, dass sie hinter den Radlern herfahren müssten. Für Fußgänger ändere sich nichts.
Es folgten Wortmeldungen von GR Machnik (GRÜNE): “Nach Rücksprache mit dem AK Rad plädieren wir Grüne für eine Gemeinschaftsstraße, die vielleicht rechtlich nicht bindend ist”, die man aber mit schönen Schildern vermitteln könne. GR Fuchsenberger (SPD) fügte hinzu, klingellos rasende Radler stellten die größte Gefahr dar – und seien ein größeres Problem als die Autofahrer. GR Manninger pflichtete bei: “Die Fußgänger sind das schwächste Glied in der Kette.” GR Sewald (EUW) erinnerte sich nicht, einen Beschluss darüber gefasst zu haben – “wir haben das nur zur Kenntnis genommen”. GR Brandl (CSU) unterstützte ihn: “Das wurde über unsere Köpfe hinweg gemacht!” GR Kalinke (QUH) schlug vor, die Fahrradstraße zu testen und dann im Winter zu prüfen, wie sie sich bewährt hat. Bgm. Steigenberger bot an, die Maßnahme zurückzunehmen und alles beim Alten zu lassen. GR Machnik kündigte einen Antrag der GRÜNEN an.
Um 20 Uhr war man bei TOP 3 angelangt – bis TOP 9 wurden Bebauungspläne, Veränderungssperren, Bauanträge allesamt einstimmig verabschiedet bzw. abgelehnt. Es ging um eine beschlossene Veränderungssperre (B-Plan. Nr. 64, Teil 1) und einen abgelehnten Bauantrag (ein zu hoch geplantes EFH) in Kempfenhausen, eine abgelehnte Terrassenüberdachung im Außenbereich am Sonnenhof, einen abgelehnten überarbeiteten Bauantrag für das Gebäude in Leoni, das nach dem Eingriff in die Statik wegen seiner Lage im Außenbereich den Bestandsschutz verloren hatte (man rechnet nun mit einer Klage), außerdem wurden Abwägungsergebnisse und erneute Auslegungen von Bebauungsplänen in Farchach, für die Marianne-Strauß-Klinik und die Änderung des Flächennutzungsplans für den geplanten Waldkindergarten beschlossen.
Der Bebauungsplan Nr. 101 “Rathaus” musste hinsichtlich der Festsetzungen zur Tiefgarage und dem Immissionsschutz überarbeitet werden. Probleme gibt es aufgrund “junger” rechtlicher Änderungen mit den Abstandsflächen zu den Nachbarn im Süden. Entsprechende Änderungen wurden in den Festsetzungen vorgenommen, parallel wird versucht, eine Einigung mit der Kirche zu erzielen. Die Abwägung wurde einstimmig beschlossen, gegen die Stimme von GR Machnik auch die Durchführung einer erneuten öffentlichen Auslegung und die Erlaubnis zur Anpassung der Festsetzung der Abstandsflächen durch den Bürgermeister ohne Beteiligung des Gemeinderats.
Eine zusätzliche Stelle für das Wasserwerk – damit sollten bisher nicht übernommen Aufgaben, bisher extern vergebene Arbeiten und aus Zeitgründen nicht durchgeführte Arbeiten erledigt werden können – wurde nach ausgiebigen Diskussionen und einem flammenden Plädoyer von GR Brandl dagegen mit 7:9 Stimmen abgelehnt.
Ebenso heiß diskutiert wurde die Auskleidung des Trinkwasserhochbehälters in Aufkirchen. Eigentlich hatte der GR erst im März letzten Jahres nach einem Fachvortrag auf Anraten des Experten beschlossen, eine mineralische Beschichtung zu wählen. Herr Swami, der Leiter des Berger Wasserwerks, hat jedoch Vergleichsbesichtigungen gemacht und sich mit anderen Wassermeistern ausgetauscht: Fazit: Edelstahl hält länger und ist leichter zu reinigen. Mit 11:4 Stimmen wurde der einstimmige Beschluss aus dem letzten Jahr ersetzt – GR Kalinke gab allerdings zu bedenken, dass die Edelstahlpreise extrem gestiegen seien – die Schätzung der Differenz von ca. 100.000 € stammt bereits aus dem letzten Jahr.
TOP 14: Der GR ermächtigte die Verwaltung, bei der Erstellung eines Konzepts zur Gründung eines gemeinsamen IT-Unternehmens mit der Stadt Starnberg und anderen Gemeinden mitzuwirken. Entstehende Kosten sind dem GR vorzulegen. Die Kick-off-Veranstaltung ist für den März geplant.
Zu guter Letzt wurde am Ende der Sitzung noch beschlossen, dass die vom Waldkindergarten benötigte Baugenehmigung (für den Bauwagen im Außenbereich) auf dem Verwaltungsweg genehmigt werden darf, um keinen Verzögerungen Vorschub zu leisten.
Hinter verschlossenen Türen fand dann die längst nicht so lange nicht-öffentliche Sitzung statt.