Am 3. April, dem Ostersonntag des Jahres 1904, war es soweit: Der Münchner Bierbrauer Jakob Weinzierl verkündigte “zahlreichen Zuspruch entgegensehend”: “Eröffnung und Erstausschank meines eigenen Gebräues mit Konzert.”
“Flaschenbier frei ins Haus” – Anzeige im Land- und Seeboten am 31.3.1904
Die “Brauerei Schloss Berg” hatte bis dahin schon eine bewegte Geschichte samt Mord und Totschlag hinter sich: Weinzierl selbst hatte die Brauerei (heute gegenüber der Tankstelle) mit Gaststätte (heute eine unverkaufte Immobilie gegenüber dem Oskar-Maria-Graf-Stüberl) bei einer Auktion in Aufkirchen für 43.820 Mark ersteigert.
Die “Brauerei Schloss Berg” 1903-1912, später Tutzinger Hof, noch später “Berger Stuben”, dann Spekulationsobjekt, heute Millionenhäuschen.
Der Vorbesitzer Anton Mattes, Bürgermeister von Milbertshofen, hatte sich mit dem Brauereibau so verschuldet, dass er sich 1902 im Zug nach Innsbruck erschoss. Mattes wiederum hatte das Anwesen zwei Jahre zuvor von der Vorbesitzerin Babette Windl erworben, die wegen Beihilfe zum Mord im Gefängnis saß, nachdem sie einen Viehhändler dazu ermuntert hatte, ihren Mann zu erschlagen, was Oskar Maria Graf in “Das Leben meiner Mutter” eindrucksvoll beschreibt. Auch die Brauereigaststube findet Erwähnung, wo “nicht nur die Herrschaften, sondern auch die Berger die übrigens gut geführte Wirtsstube reichlich frequentierten.”
Jetzt zu Ostern 1904 sollte also endlich eigenes Bier in der “Brauerei Schloss Berg” fließen. Schon über ein halbes Jahr lang hatte Jacob Weinzierl provisorisch “Münchner Bergbräubier” in dem Restaurationsbetrieb ausgeschenkt. Er hatte das “P.P. Titl. Publikum von Berg und Umgebung, sowie Ausflüglern und in der Sommerfrische weilenden Fremden die erhebendste Anzeige” im August 1903 gemacht, dass er die “Brauerei Schloss Berg am Starnberger See käuflich erworben und den Restaurationsbetrieb eröffnet habe.” … Nur 8 Monate später wurde endlich das “eigene Gebräu” der “Brauerei Schloss Berg” ausgeschenkt. Der Betrieb florierte. Im Jahr darauf war auch eine Kegelbahn gebaut, und Weinzierl lud ein zum “Preis Kegelscheiben”: “Zwei Kugeln bilden ein Los, 10 Kugeln einen Stand. Der Stand kostet bis zum 6. Mai 1 Mark.” Ausgeschenkt wurde dazu 1905 ein “Osterbier” mit “Abgabe von Flaschen, direkter Abfüllung vom Mutterfass”. Der Erfolg des Berger Biers rief die Konkurrenz auf den Plan. Schon 1912 kaufte die “Schlossbrauerei Tutzing” für 75.000 Mark die Berger Braustätte auf, um sie sofort zu schließen. Fortan schipperte man Westufer-Bier über den See und setzte es den Bergern vor. Nur gerecht war es da, dass das expansive Tutzinger Bräu, das damit vorläufig die Berger Bierkultur zerstörte, später selbst von Hacker, Hacker von Anheuser Busch und das wiederum von dem brasilianischen Großkonzern IMBev aufgekauft wurden.
Die kleine “Brauerei Schloss Berg” aber wurde inzwischen wiederbelebt, besteht momentan aus einem halben Dutzend Chefs sowie einer Praktikantin und sucht – da am Standort der alten Restaurationsbetriebs inzwischen ein millionenteures Haus entstand – nach einer geeigneten Braustätte im Gemeindegebiet.
“Dunkles Weißbier” oder “Bernsteinfarben” – Die “Brauerei Schloss Berg” beliefert derzeit nur private Feste und wird im nächsten Jahr 110-jähriges Jubiläum feiern.
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