Das neue Berg

Die ehemals ländliche Bauern- Fischer- und Villengemeinde Berg steht vor ihrer größten Veränderung. Am Ein- und Ausgang des Ortes entstehen gerade für jedermann sichtbar riesige Baukörper, die den Charakter unserer Gemeinde womöglich für immer verändern werden.

Laut Investor “ein Möglichkeitsraum – für ein erfülltes Leben in traumschöner Landschaft”

Zwischen knapp 1,7 Millionen und gut 2,3 Millionen kosten die 24 Reihenwohneinheiten (zwischen 130 & 170 qm), die am Ortsausgang vom Süden her kommend zukünftig für unsere Gemeinde stehen werden. Das Wohnprojekt “Schatzlgasse 34” hat durch sein “innovatives”, aus dem Genossenschaftsbau stammendes Konzept Schlagzeilen gemacht. Die Wohneinheiten sind zwar weniger als 3 1/2 Meter breit (exakte Angaben werden im Netz-Exposé nicht mehr gemacht), dafür versucht der Investor zu punkten, indem er “einfach buchbare” Gemeinschaftsbereiche zum Wohnraum dazuschlägt: “Neben einem restaurierten Holzboot mit Elektromotor können die zukünftigen Eigentümer eine Gästesuite, Gym, Spa, Kino, Werkstatt sowie die Bibliothek zum Arbeiten, Kochen und Feiern exklusiv für sich nutzen.” 

“Damit ist die Sharing-Ökonmomie in der Oberklasse der Immobilien in Deutschland angekommen“, urteilt das Handelsblatt über das Berger Immobilienprojekt (Ausriss Handelsblatt vom 19.3.2023)

Es gibt in Berg auch kritische Stimmen zu dem Projekt aus der “Oberklasse der Immobilien in Deutschland“: Der ehemalige Gemeinderat G. aus L. erzählt gerne, dass seine Kunden ihn fragen, ob am Ortsausgang von Berg gerade eine Kaserne gebaut werde. Fertigstellung des bereits recht weit fortgeschrittenen Projekts soll 2024 sein. Seit über 9 Monaten werden die 24 Wohneinheiten auf dem Markt angeboten.

Wohnen, wo einst der Komponist Schönberg Urlaub machte

Das Grundstück ist historisch belastet:. Auf dem Grundstück trafen sich hier 1911 die beiden großen Erneuerer von Musik und Malerei Arnold Schönberg und Wassily Kandinsky zum ersten Mal. Siehe unseren Artikel hier: https://quh-berg.de/ein-haufen-musikgeschichte/, dem wir auch das folgende, mittlerweile historische Photo entnehmen:

Ehemals die Seeshaupter Straße 14, jetzt wertsteigernd die Schatzlgasse 34  (Foto: Christian Lehmann)

Wir fahren weiter durch das Dorf. Dort sind eigentlich wohlproportionierte Wohnhäuser entstanden, die durch hohe Aufschüttungen (mehr als 1,50 über Straßenniveau) allerdings recht dominant wirken. Noch höhere Aufschüttungen wurden vom Gemeinderat untersagt, diese hier sind offensichtlich zulässig.

Ein anderes Neubauprojekt trohnt über der Schatzlgasse

Wir fahren weiter: Auch gegenüber, am nördlichen Ortseingang von Berg, werden langsam die Dimensionen des größten Gebäudes von Berg, des neuen Rathauses, sichtbar. Hier entsteht ein von öffentlicher Hand in Auftrag gegebenes Gebäude, das ebenfalls das Ortsbild von Berg im 21. Jahrhunderts prägen wird. Über die größtenteils gelungene Architektur haben wir hier schon oft geschrieben. (https://quh-berg.de/hereinverkuendete-neuigkeiten-so-sieht-das-neue-rathaus-von-berg-aus/). Es sieht allerdings so aus, als ob eine unserer Befürchtungen, dass die der Ortszufahrt zugewandte Seite des Gebäudes eine fensterlose Designwüste wird, durchaus in Erfüllung gehen könnte.

Wächst schnell und fensterlos: die Nordseite des neuen Rathauses von Berg

Links im Bild die im Erdgeschoß bereits fertiggestellte Wand

Auch dieses Grundstück am Kreisverkehr hat seine Geschichte. Lange Zeit gab es ein zum Glück gescheitertes Projekt, hier einen großen Discount-Supermarkt zu errichten, dann standen hier die ersten, behelfsmäßigen Unterkünfte für unsere ausländischen Gäste. Auch diese ein Beispiel für “Sharing-Ökonomie”, allerdings ganz anderer Art.

“Sharing-Ökonmomie” in der Unterklasse der Immobilien: Die ehemalige Zeltunterkunft für Geflüchtete am Kreisverkehr 

 

 

Kommentieren (2)

  1. Raketenschnecke
    29. März 2023 um 17:10

    Kasernen in Berg, Hochhäuser in Allmannshausen, Aquarien in Aufkirchen, Schwarze Häuser in Farchach, Legobauten in …..
    Jedes Dorf hat ein oder mehrere Häuser die nicht rein passen, die den dörflichen Charakter verfehlen, die nicht ins landschaftliche Bild passen….
    Ich weiß nicht warum die Gemeinde Berg / Landratsamt Starnberg es nicht hin bekommen. In anderen Gemeinden ist es auch möglich das solche “Entgleisungen” nicht genehmigt werden.

  2. Christian Kalinke
    2. April 2023 um 16:42

    Mir ist schon klar, wer nicht entscheidet, lästert halt gerne. Aber für mich als Berger Ureinwohner hat das einstige Bauern-, Fischer- und Villendorf Berg sehr viel an Identität, Charme und Charakter verloren. Und da ich meine Heimat liebe, stelle ich mir die Frage nach dem WARUM?
    Die Gemeinde hat doch Steuerungsmöglichkeiten durch ihr Planungsrecht. Oder ist da etwas an mir vorbeigegangen?
    Immerhin sieht es so aus, dass die Gemeinde mit der neuen Bebauungsplanung für Mörlbach eine identitätswahrendere Richtung einschlagen wird.