Reich an absoluten Höhepunkten, aber auch einigen kleinen Enttäuschungen war das herbstliche Festival des Berger Kulturvereins. Musikalisches Weltniveau und etwas Dorftheater mischten sich, wobei das Dorftheater (das Gastpiel der Theaterwerkstatt Eching) leider verschoben werden musste, weil der Auftritt mit der heißen Probenphase der Aufkirchner Dorfbühne kollidierte, die am Donnerstag am gleichen Ort mit ihrem Stück “Wenn man ein Kind’l find” Premiere haben wird (das Gastspiel wird nachgeholt).
Wie erwartet war die Aufführung von Bachs “Goldberg-Variationen” in einer Fassung für Streichertrio (Bearbeitung: Dimitry Sitkovetsky) der absolute Höhepunkt (und wird deshalb von uns auch in HD-Qualität wiedergegeben):
Benjamin Schmid, Veronika Hagen und Gastgeber Sebastian Hess spielen den Beginn der Aria aus Bachs “Goldberg-Variationen”
Sebastian Hess nannte in seiner Einführung das Stück noch schnell “musikalisches Weltkulturerbe und Eiger Nordwand”, dann machte er sich mit seinen Streicherkollegen ans Werk: Es wurde eine völlig “unerhörte” Interpretation. Denn anders als in der Klavierfassung können in einer Fassung für Steichertrio die einzelnen Stimmen, die in der Klavierfassung manchmal schwer herauszuarbeiten sind, klar voneinander getrennt gehört werden. Auch die emotional größeren Ausdrucksmöglichkeiten eines Streichinstruments machten sich die drei Virtuosen zunutze. Insbesondere gegen Ende des Stücks erlaubten sie sich gar die eine oder andere romantische Verklärung dieses ansonsten so streng barock-protestantischen Werkes.
Die nächsten Tage gastiert das Trio mit diesem Werk am Montag zuerst auf Schloss Elmau und am Dienstag dann im Münchner Highlight Tower, wo der BR das Konzert aufzeichnen wird. Allein der Berger “Christoph und Stephan Kaske Stiftung” ist es zu verdanken ( http://www.kaske-stiftung.org ), dass bei uns im Marstall solch hochrangige Konzerte zu hören sind. Denn nur durch das Eintrittsgeld der knapp 100 Zuhörer – darunter manch bekannter Name aus der Neue-Musik-Szene – wäre eine derart hochkarätige Aufführung in einem Dorf nie zu realisieren.
Und damit zur Bergennale, die dieses Konzert künstlerisch umrahmte: Mit dem Thema “Drachen” hatten einige Künstler des Berger Kunstvereins offensichtlich ihre Probleme. Manche reichten gar kein Werk ein, viele lieferten bemalte Kinderdrachen ab. Der QUH-Preis der diesjährigen Bergennale allerdings war sehenswert:
Ein Drachen des Farchacher Künstlers Dazze Kammerl
Die aus Künstlern und QUH-Aktivisten bestehende Jury wählte Dazze Kammerls poetische Flug-Konstruktion aus heimischen Bambusstöckchen und brutalen Kabelbindern, die den Marstall optisch beherrschte, einmütig zum diesjährigen Preisträger. Umgehend bekam Dazze auch den Preis überreicht: den mittlerweile begehrten “feuchen Händedruck” von Elke Link.
Elke überreicht den QUH-Bergennale-Preis 2010 an Dazze Kammerl: den feuchten Händedruck
Dass Kunst nicht nur schön ist, sondern auch praktisch sein kann, bewies einmal mehr Roman Wörndl aus Aufkirchen, der seinen Gummibärchen spuckenden Drachen gerne einem örtlichen Kindergarten spenden würde.
Drachen sucht Garten: Roman Wörndls Beitrag zur Drachen-Bergenale