“Skandalös und feige” … die 4. Sitzung des Berger Gemeinderates

In ungewohnt scharfer Form rechnete der Berger Bürgermeister gestern mit der bayerischen Landespolitik ab. Es sei “skandalös und feige”, was gerade in München entschieden werde … und trotzdem ist in der gestrigen Sitzung Berg ein ganzes Stück schöner geworden. “Des kannt schee wern”, freute sich Robert Schmid von der CSU über einen QUH-Vorschlag.

Berg schenkt den Bürgern einen See: Die aktuelle Planung zum “Seezugang” am Ölschlag in Unterberg

Die Mauer kommt weg! Der Bürgermeister stellte die detaillierte Ausführungsplanung für den Seezugang in Unterberg neben dem Hotel Schloss Berg vor, den Elke Link und die QUH im letzten Wahlkampf vorgeschlagen und vor 4 Jahren in den Gemeinderat eingebracht hatten. Ein sichtlich begeisterter GR Ammer (QUH) lobte die Verwaltung für die schnelle Arbeit, GRin Fuchsenberger (SPD) merkte an, dass der Zugang nicht behindertengerecht sei (daran will man arbeiten). Einstimmig votierte der Gemeinderat für den Entwurf. Schweren Herzens verzichtete man beim Bau auf den lokalen Baustoff Nagelfluh, der zu schnell erodiere und legte sich auf Jurakalk fest. An einigen Details wird noch gearbeitet: die Büsche, die die Renaturierung der hässlichen Ufermauer begleiten, sollen den Seeblick nicht behindern. GR Kalinke (QUH) wies darauf hin, dass man es den SUP-Paddlern nicht zu einfach machen solle, hier in den See zu kommen, schließlich wolle man einen Ort der Ruhe schaffen.

Der See gehört uns: Statt in einem Geländer zu enden, wird das Grundstück zukünftig zum See hin abfallen

Ein wenig stolz, einmal politisch etwas Schönes geschaffen zu haben, stimmte der Rat einstimmig für die Planung: Wenn alles gut geht, könnte die Renaturierung von Bergs schönstem Flecken noch in diesem Jahr fertiggestellt werden. Für die Kosten sind 200.000€ im Haushalt geplant.

Vorher/Nachher – Sträucher statt Beton: Berg bekommt ein Stück Seeufer zurück

Dann wurde über den Antrag der “Interessengemeinschaft Etztalstraße” beraten, die die Erschließung ihrer Straße auf 2021 verschoben haben wollte, weil dann womöglich die Kosten von mindestens 500.000€ nicht mehr zu 90% auf die Anwohner umgelegt werden. Der Streit um den Ausbau oder die Erschließung der teilweise noch unasphaltierten Straße beschäftigt die Gemeinde seit gut einem Jahrzehnt. Jetzt hat die Staatsregierung aus CSU und FW angekündigt, die Gesetze zu ändern. Zukünftig könnten womöglich die Gemeinden entscheiden, wieviel Geld sie auf die Anlieger umlegen und wieviel sie aus ihrem Etat übernehmen (was damit dann auf alle Bürger umgewälzt würde).

Die rechtliche Grundlage dazu ist alles andere als eindeutig, und es wurde allerseits großes Geschütz aufgefahren: GR Hlavaty (CSU), selbst Rechtsanwalt, hatte dem Rat eine juristische Einschätzung der Lage vorgelegt und sogar mit den Ministerien telefoniert. Tenor: Entgegen den Pressemitteilungen von CSU und FW besteht derzeit wohl noch keine Rechtsgrundlage für eine Reduzierung  der Kosten. Die Interessengemeinschaft, die gesammelt im Ratssaal erschienen war, legte hingegen ein Schreiben der CSU-Landtagsabgeordneten vor, in dem Gelder für Gemeinden in Aussicht gestellt werden, die den Bürgern die Kosten erlassen. Allerdings hatte diese wohl “Strebs” und “Strabs” (Straßenersterschließungsbeitragssatzung/Straßenausbaubeitragssatzung) verwechselt bzw. wurde nicht transparent, welcher Topf für wen wann zugänglich werden könnte.

Bürgermeister Monn wies darauf hin, dass diese Gelder erstens noch gar nicht vorhanden oder beantragbar und – falls je vorhanden – nicht im geringsten ausreichend seien. Dann setzte er zu seiner unerwarteten Abrechung mit der Landesregierung an:

Diese verhalte sich “feige”, weil sie selbst behaupte, die Gebühren abzuschaffen und die unpopulären Entscheidung über die Erhebung einfach vom Gesetzgeber auf die Laiengremien der Gemeinden übertrage. Dieses Verhalten sei “skandalös” und habe – weil jetzt die Entscheidungen von Gemeinde zu Gemeinde anders ausfallen könne –  mit einer “Gleichheit der Bürger nichts zu tun”.

Unbeeindruckt von populistischen Presseerklärungen der Landesregierungsparteien und vom Druck “der Straße” stimmte der Gemeinderat (mit einer Gegenstimme aus der CSU) dafür, an den Planungen festzuhalten, die Etztalstraße baldmöglichst zu erschließen oder auszubauen und – wie sonst auch – über die Erschließungsbeiträge zu einem späteren Zeitpunkt zu befinden. Womöglich kann oder muss der Gemeinderat bis dahin seine Erschließungssatzung ändern. Dazu ist die rechtliche Entwicklung abzuwarten. Eine Lösung des Konfliktes wird womöglich erst der nächsten Bürgermeisterin auferlegt.

Freier Seezugang: für die Erschließung des Starnberger Seeufers werden keine Beiträge fällig

Kommentieren (2)

  1. Wenzel
    27. März 2019 um 15:17

    An der Planung war wohl ein Steinbruchunternehmer beteiligt, Kies wäre wahrscheinlich zu kostengünstig. Naturnah schaut anders aus, da retten die Sträucher auch nichts mehr.

  2. bergkamo
    27. März 2019 um 17:15

    Straßenbau 90 % Kosten für die Anlieger.
    Ja , die rechtlichen Grundlagen sind derzeit noch nicht eindeutig. Wie immer, wenn ein Anwalt etwas vorträgt, sind es nur Fakten seiner persönlichen, selektiven Einschätzung. Zusätzliche Tatsachen wurden vom 2. Bürgermeister verschwiegen. Dieses Vorgehen und der Hinweis auf den “Verzicht” von 500.000 EURO sollte den Gemeinderat ganz bewusst beeinflussen, den Antrag der Interessengemeinschaft Etztalstraße, die Arbeiten erst 2021 ausführen zu lassen, abzulehnen.

    Ja, z.Zt. ist die Änderung des Abgabengesetzes, nach der Ersterschließungsbeiträge für ‘Altstraßen’ nicht mehr erhoben werden können, noch nicht rechtsgültig. Diese Übergangsvorschrift wird jedoch bis Mitte 2019, spätestens aber zum 1.4.2021 Gültigkeit erlangen.
    Aber auch nach dieser Zeit behält sich unsere Verwaltung vor, selbst zu entscheiden, ob eine Straße schon länger als 25 Jahre besteht oder nicht. Uralte Straßenpläne werden total ignoriert.

    Auf Grund der rechtgültigen Gesetzesänderung vom 8. März 2016 hätte die Verwaltung schon 3 Jahre die Erschließungsbeitragssatzung ändern können. Entgegen dieser Tatsache wurde von der Verwaltung immer argumentiert, man sei verpflichtet 90 % Kosten einzutreiben.
    Bürgermeister Monn begründete die Maßnahme sogar damit, er trage bei einem Teilverzicht das Risiko, eingesperrt zu werden. ( Originalton Anliegerversammlung vom 21.2.2019 )
    Wer hier “feige” ist, sich “skandalös” und wenig bürgerfreundlich verhält, kann jede/jeder für sich selbst entscheiden.
    Lt. Bürgermeister sind 35 – 40 % aller Straßen in Berg noch nicht hergestellt.
    Ob i h r e Straße ebenfalls nach der jetzigen Satzung abgerechnet werden würde, erfahren sie mit einer präzisen Nachfrage bei der Verwaltung.
    Alternative:
    Sie befragen unsere nächste “Bürgermeisterin” direkt über ihre persönliche Lösung des Konfliktes.