In den Pilzen – Antworten des Experten: Von galligen, giftigen und geschmackvollen Pilzen

Unser Berger Pilzexperte und Gastautor Werner Michl, dessen letzter Beitrag bei uns unglaubliche Klickzahlen erreichte (über 40.000), hat uns auf unsere Bitte hin einen Beitrag über zwei Pilze geschrieben, die es in sich haben und leicht zu verwechseln sind – vielen Dank schon einmal für seinen feinen Artikel über Gallenröhrling und Hexenpilze.

Schmeckt auch Schnecken: Ein Boletus aus Allmannshausen

Von galligen, giftigen und geschmackvollen Pilzen
von  Prof. Dr. Werner Michl

“Letztlich ist der Gallenröhrling, Bitterling oder Bitterpilz (Tylopilus felleus) ein gemeiner, in Bayern würde man sagen: hinterfotziger, Pilz. Er sieht dem begehrten Steinpilz sehr ähnlich und gerät daher gelegentlich in eine köstliche Pilzsuppe. Und schon ein Exemplar des Gallenröhrlings verdirbt den Geschmack nachhaltig. Er ist ein Musterbeispiel für einen ungenießbaren Pilz, nicht giftig, aber dafür eindeutig ungenießbar.

Mein Großvater, so eine Anekdote, an der Sigmund Freud seine Freude gehabt hätte, hat angeblich die von einem Gallenröhrling verdorbene Pilzsuppe trotzdem gegessen. Die Idee von köstlichen Steinpilzen sollte stärker sein als die Geschmacksnerven. Petra, eine gute Bekannte aus Augsburg, hat mich vor einigen Jahren zweimal in kurzer Zeit angerufen. Die erste Nachricht war voller Freude über die erfolgreiche Schwammerlsuche: „Ein ganzer Korb voller Steinpilze!“ Der zweite Anruf kam vom sprichwörtlichen Boden der Wirklichkeit: „Werner, die Pilzsuppe schmeckt grauenvoll bitter. Was soll ich tun?“ Meine Antwort war kurz: „Wegwerfen! Ihr habt den Steinpilz mit dem Gallenröhrling verwechselt.“

Sammlerglück: Steinpilz, gefunden bei Allmannshausen

Pilzkenner erkennen meist sofort den Unterschied zwischen Steinpilz und Gallenröhrling. Der Schwamm des Gallenröhrlings ist zunächst weiß, dann hellrosa, der Hut ist nicht so gewölbt wie beim Steinpilz, und der Stiel des Steinpilzes ist blass marmoriert, heller, fester und bauchiger.

Bitter: Gallenröhrling, gefunden am Wochenende bei Wadlhausen

Und damit zum zweiten heimischen Röhrling, der einem das Abendessen vermiesen kann: Manche behaupten, dass die beiden Zwillinge, der Flocken- und der Netzstielige Hexenröhrling (oder auch Schusterpilz), zu den schönsten Pilzen unseres Waldes gehören. Pilzsucher verwechseln gelegentlich den Schusterpilz mit dem ungenießbaren Schönfußröhrling oder dem sehr seltenen und giftigen Satansröhrling.

Und zudem gibt es Pilz-Gourmets, die diese roh giftgen Pilzzwillinge dem Steinpilz vorziehen. Ich kann das bestätigen. Vor vielen Jahren durchquerte ich mit Freunden die Pyrenäen. Drei Regentage verbrachten wir in einer kleinen, offen stehenden Hütte mit offenem Kamin und einem etwas schäbigen Handgrill. Unser Plan war bald: Hütte säubern, einheizen, ins nächste Dorf gehen, um Brot und Rotwein und ein paar Köstlichkeiten zu kaufen, und Pilze sammeln und grillen. Es klappte alles gut. Wir fanden viele flockenstielige Hexenröhrlinge und achteten darauf, dass kein netzstieliger (Merker: netzstielig = nicht) dabei ist, denn der reagiert auf Alkohol. Er ist, wie der Faltentintling, mit Alkohol zusammen genossen unverträglich. Der Grill wurde gereinigt, und bald gab es gegrillte, gesalzene und in Olivenöl getränkte Hexenröhrlinge.

Die Hexenröhrlinge färben sich beim Durchschneiden sofort dunkelblau, vermutlich hat diese Eigenschaft den Namen geprägt. Allerdings lässt sich die Verfärbung vermeiden, wenn man die Pilze etwa drei Minuten in gesalzenem, kochendem Zitronenwasser ziehen lässt. Emil Reiners (siehe unten) bietet in seinem Pilzkochbuch ein köstliches Rezept an: „Geschmortes Huhn mit Flockenstieligen Hexenröhrlingen.“ (Reiners, S. 85)

Steinpilz, Reizker, Hexenröhrling (gefunden bei Farchach)

Als Pilzbücher empfehlenswert sind: Dähncke, R. M., & Dähncke A. M. (1980). 700 Pilze in Farbe. Aarau: AT Verlag. (Der Klassiker); Garnweidner, E. (1985). Pilze: Gräfe und Unzer. Und als Kochbuch: Reiners, E. (1982): Köstliches aus der Pilzküche. München: BLV.”

Prof. Dr. Werner Michl http://www.wernermichl.de

 

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