“Ich stelle fest, dass …” – Die erste Sitzung des Berger Gemeinderates 2017

Als wolle man noch einmal die Notwendigkeit eines neuen Rathauses demonstrieren, begann die 1. Sitzung des Berger Gemeinderates 2017 nicht mit den üblichen Worten des Bürgermeisters “Ich stelle fest, dass zur heutigen Sitzung form- und fristgereicht eingeladen wurde“, sondern mit der Feststellung, dass sich der Beginn der Sitzung verzögere, weil es ein “großes technisches Problem” gäbe: der Gemeindeserver sei gerade nicht zugänglich. Herr Bursic kroch erst unter den Tisch, dann startete er seinen Laptop.

Die Räte waren vollständig erschienen. Einzig GR Schmidt (CSU) wurde von seinem Fraktionschef mit der schönsten (Fake-)Nachricht des Winters entschuldigt: Er müsse sich um die Pistenpflege am Kreuzmöslberg kümmern.

p1200552Die erste Wortmeldung des Jahres kam von GR Ammer, der bat, sich Gedanken zu machen, ob man nicht den Lüderitzweg in Kempfenhausen umbenennen könne. Wie im QUH-Adventskalender berichtet, geht dieser Name auf einen der schlimmsten deutschen Kolonialverbrecher zurück (Siehe hier http://quh-berg.de/der-quh-adventskalender-das-21-schildchen/ ). In einem ersten Schritt solle man zumindest das Bild von Adolf Lüderitz von der dortigen Kulturtafel entfernen. Letzteres sagte der Bürgermeister zu; ersteres quittierte er mit einem eher skeptischen Blick. – Ammers Vorschlag zur Neubenennung: den Weg nach dem Frater Franz Kreis zu benennen, der bei dem an dieser Stelle vorbeiziehenden Todeszug aus Dachau 1945 persönlich Menschen rettete. Wir bleiben trotz des skeptischen Blicks am Thema dran.

Den größten Raum nahm die Vorstellung des Planungskonzeptes für eine Erweiterung von Biberkor ein: Dort soll ein Mehrgenerationen-, ein Insel- und ein Gotteshaus entstehen. Um des Gotteshaus, das keiner spezifischen Religion dienen soll und bislang mit den Pfarrern nicht abgestimmt war (erst am Vormittag hatte es hektische Konsultationen gegeben) gab es die meisten Diskussionen. Aus unterschiedlichen Richtungen kam Protest: die QUH wollte nicht die Gemeinde für ein Gotteshaus planen lassen, dessen Nutzung mehr als unbestimmt ist, GR Haslbeck wollte umgekehrt die christliche Leitkultur nicht aufgegeben. Andi Hlavaty wollte sich noch einmal über die Kostenübernahme der Planung durch die Gemeinde unterhalten.

Fast alle großen Zweifel, die es im Vorfeld der Sitzung gegeben hatte (siehe unseren Bericht vom Oktober 2014: http://quh-berg.de/wohin-die-gestrige-sitzung-des-gemeinderates-1022218337/ ), zerstörte die mit der Planung beauftragte Architektin Frau Skorka, die mit großer Sensibilität kleine Baufenster für die beiden Wohnprojekte und die Stallungen vorgeschlagen hatte:

biberkor

So könnte es gehen: Oben in der Senke die Wohnhäuser; unten die Stallungen (umkreist)

Obwohl es in der Vergangenheit um diese Erweiterungen große Diskussionen gegeben hatte ( http://quh-berg.de/mittwoch-gibts-den-rest-vom-dienstag-1022388922/ ): Das neue Konzept überzeugte die große Mehrheit. GR Reiser (BG) erinnerte daran, dass die Arbeit in Biberkor “extrem passabel” sei, und konnte sich auch ein “Haus der Stille” (auf dem obigen Plan alternativ durch die kleinen orangen Kreise bezeichnet) vorstellen, das öffentlich zugänglich sei.

Die größte Kritik richtete sich denn auch nicht auf diese Zukunftspläne, sondern auf die nicht realisierten Vorhaben der Vergangenheit: dier Sportplatz sei nicht gebaut. An seiner Stelle stehen seit über 10 Jahren hässliche Container. Die ‘Straße sei nicht ausgebaut, nicht wie vorgeschrieben ein Reitweg angerichtet und die geschützte Apfelallee würde nicht vervollständigt, sondern man lasse sie verkommen. All dies wurde freilich schon vor gut 2 Jahren angemahnt. So alt sind die folgenden Bilder. An ihnen hat sich nichts geändert.

Die Bilder stammen aus dem 2 Jahre alten QUH-Bericht über die erste Vorstellung des neuen Biberkor-Konzeptes von 2015 http://quh-berg.de/mittwoch-gibts-den-rest-vom-dienstag-1022388922/ . Am Zustand hat sich seitdem nichts verändert.

Weiters wollte der Rat wissen, ob denn sichergestellt sei, dass die neuen Häuser wirklich für soziale und Behindertenarbeit genutzt werden (ja, das werde im Bebauuungsplan festgeschrieben). Und was geschehe, wenn der jetzige Förderer, Herr von Kahlden-Gmell, einmal älter werde: da sei – wurde vorsichtig angedeutet – etwas in Planung, was da Wörtchen “Stiftung” in sich trage. Wer sich darüber erkundigen will, was in Biberkor so geschieht, oder gar ein Kind dort anmelden möchte: Am Samstag ist dort der “Tag der offenen Tür; für viele der erste Schritt zu einer Anmeldung auf der Schule: vgl. http://www.montessori-biberkor.de/sekundarstufe-i/aufnahme/ .

Der Rest waren Bausachen. Entrüstet bis belustigt war man über den Antrag des Landratsamts, das “beabsichtigt”, vor den Asylcontainern 2 Regenrückhaltebecken mit einem 2 m hohen Zaum zu errichten, da man ja versäumt hat, auf dem Grundstück Sickerversuche zu machen, und das Wasser nicht anders abfließt. GR Ammer wollte zumindest den 2 m hohen Zaun um den “Schwarzbau” nicht genehmigen und lehnte den absurden Bauantrag als Einziger ab. IMG_6596 2

Kein Schwarzbau mehr: die 6m tiefen von 2m Draht umwachsenen Regenrückhaltebecken bei den Containern

Kommentieren (1)

  1. Wenzel, Beteiligter an der Erstellung des Kulturspazierganges
    20. Januar 2017 um 13:13

    Lüderitzweg
    Falls das Bild wirklich Adolf Lüderitz zeigt, ist uns ein Fehler unterlaufen, den ich bedauere. Das sollte umgehend geklärt und notfalls geändert werden. Ich verfüge leider nicht mehr über die Unterlagen, die zur Erstellung dieser Tafel geführt haben.
    Wer zur Namensgebung Anlass gegeben hat – Adolf oder Carl Lüderitz – ist nicht mehr zu klären. Meinem Wissen nach ist Adolf Lüderitz der bekanntere; Carl Lüderitz war nur wenige Jahre (1921?/23- 1938) Eigentümer des Hauses, ob das zur Namensgebung reichte darf bezweifelt werden. Meinen Nachforschung nach gibt es in Deutschland 39 Wege oder Strassen mit Bezug auf Lüderitz (darunter auch in Starnberg und München), dafür kann Carl Lüderitz wohl nicht der Namensgeber sein. Ich würde mit einem Zusatzschild beim Strassenschild darauf verweisen, dass hier (heute) Carl Lüderitz gemeint ist. Von einer Umbenennung rate ich ab. Selbst in Namibia, wo die Verbrechen an der Bevölkerung geschahen, gibt es noch den Ort Lüderitz.