Ein König stirbt: Folge 5 – der 11. Juni


Frühe Ahnung später Kämpfe: Kinderkritzelei von König Ludwig II.

Der 11. Juni 1886, ein Freitag, ist der letzte Tag den König Ludwig noch einigermaßen in “Freiheit” verbringt. Nach dem peinlichen Scheitern der ersten Aktion wird von der Regierung aus München eine zweite Fangkommission losgeschickt. Sie wird nur noch aus Dr. Gudden, seinem Assistenten von Müller, 5 Krankenpflegern und 2 regierungstreuen Gendarmen bestehen. Auf dem Schloß Neuschwanstein wurde bis auf 5 Diener und einen Friseur alles überzählige Personal nach München befohlen.

Um 2 Uhr 35 werden von der bayerischen Regierung alle Telegrafenstationen für Ludwig II. gesperrt. Auch damals war dies ein illegaler Akt. So kann Ludwig weder die Armee zu Hilfe rufen, noch auf Bismarcks guten Rat hören, sich einfach in München zu zeigen. Ludwig ist auf seinem Schloß von der Außenwelt abgeschnitten. Vorschläge seines Kutschers Osterholzer zur Flucht lehnt der König zunächst angeblich mit den Worten ab: “Um meinetwillen soll kein Blut vergossen werden.” Seinen Kammerlakai Mayr, den Friseur Hoppe und den Kutscher Osterholzer bittet der König hingegen am Vormittag, ihm Gift zu besorgen.


Die letzten Königstreuen: Flügeladjutant Graf Dürckheim, rät zur Flucht / der Kutscher Osterholzer will sie ermöglichen

14 Uhr: Während sich in München die zweite Fangkommission – diesmal mit dem Linienzug – erneut auf den gut 10-stündigen Weg zur Gefangennahme eines Königs macht, möchte Ludwig spazieren gehen. Allein die regierungstreuen Gendarmen, die das Schloß umstellt halten, machen das unmöglich.

Um 18 Uhr speist der König allein im Sängersaal. Ein vom Küchenpersonal verlangtes Küchenmesser bekommt er nicht ausgehändigt. Draußen ist es regnerisch und kalt.


Der Sängersaal von Neuschwanstein, wo Ludwig das letzte Mal in Freiheit und Einsamkeit speiste in einer kolorierten Photographie

Währenddessen wird in München Ludwigs letzter Verbündeter, der Graf Dürckheim als Hochverräter verhaftet. Als Ludwig sich doch zur Flucht entschieden hat, kann sein getreuer Kutscher längst nicht mehr zu ihm durchdringen. “Von der höchsten Stufe des Lebens hinabgeschleudert zu werden in ein Nichts – das ist verlorenes Leben. Das ertrage ich nicht. Daß man mit die Krone nimmt, könnte ich verschmerzen, aber daß man mich für irrsinnig erklärt, überlebe ich nicht.

Gegen 21 Uhr fängt der König an, sich allein zu betrinken. Man bringt ihm eine Kanne Rum mit Gewürznelken, Cognac, Wein und Champagner. Er raucht übermäßig viel und sagt zum Lakai Mayr: “Ertrinken ist ein schöner Tod, da wird man nicht verstümmelt. Aber, wenn man sich in die Tiefe stürzt, wird man so sehr entstellt. … Besorg mir den Schlüssel zum Turm.” – Die Diener behaupten, der Turmschlüssel sei “verlegt”, freilich hätte sich der König leicht auch vom Balkon in den Tod stürzen können (Gemälde von Friedrich Leeke, nach 1886).

Irgendwann nach Mitternacht trifft die 2. Fangkomission in Neuschwanstein ein. Nachts um 4 Uhr soll der Transport von Ludwig nach Berg erfolgen. Der König hat keine 48 Stunden mehr zu leben.

Fortsetzung folgt morgen … an dieser Stelle.