Manche Menschen haben nach all dieser Pandemie eine geradezu krankhafte Sehnsucht nach Kunst. Dagegen gibt es nun eine Arznei, genauer gesagt sogar eine ganze “Kunstapotheke”: Der Berger Künstler Hans Panschar stellt am Donnerstag in einem 223 Quadratmeter großen – als Apotheke geplanten – Raum in Starnberg Werke aus mehreren Dekaden aus und hat damit DAS Kunstereignis des Jahres im Landkreis geschaffen.
Der “Kunstapotheker” Hans Panschar in seiner Halle
“Nägel mit Köpfen” nennt Hans Panschar sein Projekt in der freien Halle in Starnberg – zwischen Allnatura und der Bäckerei Aumiller in der Gautinger Straße 1d. Von so einem gigantischen Ausstellungsraum mitten im Einkaufsviertel können Künstler sonst nur träumen. Hans hat ihn vom Bauherren auf Zeit zur Zwischennutzung überlassen bekommen. Ab Donnerstag, 3.9., bis zum 1.11. darf er in dem Betonraum seine Skulpturen ausstellen (und verkaufen).
Blick in die Halle und auf das Werk
Manche der Stücke, die nach Werkgruppen geordnet wurden, sind so groß gedacht (und gemacht), dass sie wie für diese gigantische Halle angefertigt scheinen. Viele von ihnen würden schwerlich in ein Wohnzimmer passen, sondern schielen selbstbewusst auf die großen Galerien, die allein solche Stücke ausstellen können.
“Streichhölzer” mit Feuerlöscher (letzterer unverkäuflich)
Der 58-jährige Hans Panschar begann seine Künstlerkarriere erst nach seiner “Sesshaftwerdung” vor 25 Jahren in Berg mit “Treibholzbildern” (zu Bildern genagelten, verschiedenfarbigen Treibhölzern). Vorher war er Surflehrer, Weltreisender, Bootsbauer und Schreiner. Bis heute steht er mit beiden Beinen außerhalb des Kunstbetriebes. Er vermarktet sich nicht über eine Galerie, sondern ausschließlich selbst. Seine Ausstellungen haben fast immer – so wie hier – Eventcharakter und werden eigens für Raum und Gelegenheit von ihm konzipiert.
Sieben “Nägel mit Köpfen” und ein verschüchterter Vorschlaghammer
“Nägel mit Köpfen” heißt seine Starnberger Pop-Up-Ausstellung, wobei es eine Ironie des Ortes ist, dass man in die Sichtbetonwände der Ausstellungshalle gar keine Nägel einschlagen konnte. Die Nägel von Hans sowieso nicht. Denn erstens sind sie aus Holz, und zweitens würden sie in ihrer Größe jede Wand zum Einsturz bringen. Die Nägel sind – nach Stühlen, Streichhölzern, Häusern, Büchern und Bergen – eines der neueren Motive von Hans. Zuletzt wurden sie im Penzberger Museum ausgestellt. Wie schon zuvor seine Skulpturen scheinen auch die Nägel ein fröhliches, weil nutzloses Leben zu führen: Sie tanzen und winden sich an der Wand entlang, weigern sich ganz entschieden, in eine solche eingeschlagen zu werden. Übermannshoch lehnen sie da … ganz verschüchtert zwischen ihnen ihr alter Peiniger und Widersacher: ein halb verkohlter Vorschlaghammer.
“Delikatessen”: Die schwer verrdauliche Fressecke
Das Spiel mit Materialien und Dimensionen ist typisch für Hans. Alles sieht aus wie immer, nichts ist, wie es aussieht. Löffel sind bei ihm immer schon größer als die Menschen, denen sie dienen sollen, seine Flaschen sind aus Beton, ein Anker ganz leicht und durchlöchert, seine Würste täuschend echt, aber definitiv nicht essbar, Häuser sind manchmal winzig, Berge und Gewässer prinzipiell aus Holz, aber in ihren Formen diesem Material auf verblüffende Art “abgelauscht” (Wir lernen von Hans: Die Seele des Baumstammes ist der Berg).
Nur hin und wieder etwas Gold: Blick auf eine der “Vier Zinnen” (Detail)
Ideal behaupten sich Hans Panschars fröhliche Holzfiguren in dem brutalistischen Betonraum. Nur Menschen und Farben findet man bei ihm auf den ersten Blick nicht … wobei: Wenn man genau hinsieht, haben all seine Stühle und Nägel etwas zutiefst Menschliches an sich, und wenn man die Ausstellung – wie vom Hygienekonzept vorgeschrieben – durch den Seiteneingang verlässt, steht man unter der monumentalen Skulptur “Die Blaue Blume”, die Hans für das Treppenhaus der benachbarten Immobilienfirma “Ehret + Klein” geschaffen hat. Sie leuchtet ganz in Blau und ist gar nicht aus Holz.
Unterm Beton blüht die Romantik aus Kunststoff: “Die Blaue Blume”
Wir wiederholen uns gerne: Die Ausstellung ist bisher das Kunstereignis des Jahres und jeden Freitag von 16 bis 20 Uhr und Samstag von 10-14 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet. Statt einer Vernissage mit ihrem Gedränge gibt es einen Eröffnungstag: Donnerstag 3.9., von 15 bis 20 Uhr. Der Eintritt ist natürlich frei und der Künstler in natura anwesend. Seine Webseite: https://hanspanschar.de/vita.htm