Der Streit der Experten

Vor der Veröffentlichung der Ergebnisse (wohl nicht der Zahlen) der offiziellen Windmessung voraussichtlich am Montag geht die – durchaus sachliche – Auseinandersetzung um die Aussagekraft dieser Messungen weiter. Michael Stock aus Farchach veröffentlichte hier im Blog nicht nur seine Messdaten, sondern auch eine längere Stellungnahme zum Problem Höhenwind vs. Bodenwind ( /?p=1757#comments ). Sein Resümee: “Mein vereinfachtes Verfahren basiert auf Sicherheitszuschlägen, die die genannten Effekte – im Sinne einer wohlwollenden Betrachtung – zugunsten der Windkraft bewerten. Insgesamt komme ich in Farchach trotzdem nicht auf eine für Windkraft brauchbare Windgeschwindigkeit, die ich (sehr vereinfacht gesagt) bei einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von 6 m/s in Höhe der Nabe sehe. Bei uns erreichen wir (vielleicht) 4,5 m/s, und da ist das Pleiterisiko hoch, die Liste insolventer Windparks in Deutschland ist sehr lang. … Der den Gemeinderäten vermittelte Eindruck, bei uns wären Erträge von 30 MWh/Tag für eine Windkraftanlage erreichbar, ist jedenfalls völlig realitätsfern.”

Dem entgegen steht ein Schreiben der Stadtwerke München an Michael Stock, die Gemeinde und die QUH, in dem der zuständige Ansprechpartner Michael Tiefenbrunn, der auch in der Gemeinderatssitzung anwesend war, unserem “Aviator” erklärt: “Laut Aussage von Herrn Dr. Guttenberger (dem Gutachter, d. Red.) zeigen die Daten Ihrer Messung eine bodennahe Windcharakteristik, die ihr durchschnittliches Tagesmaximum gegen Mittag erreicht. Die Tagesgänge der LIDAR-Messung und der bestehenden Windkraftanlage in Fröttmaning haben einen sehr ähnlichen Verlauf (Lage der Maxima und Minima), der sich von einer bodennahen Messung jedoch stark unterscheidet. Daneben entspricht die Häufigkeitsverteilung Ihrer Messung nicht der des Windes in Rotorhöhe. Die Unterschiede ergeben sich aus den unterschiedlichen Messhöhen (ca. 6 m über Grund im Vergleich zu 67 bzw. 140 m über Grund).

Wir werden weiter berichten und versuchen, uns und der Gemeinde so gut es geht, ein Bild zu machen.

Kommentieren (6)

  1. aviator
    13. Dezember 2012 um 8:52

    Eigentlich … … ist es gar kein Streit, mehr ein fachlicher Austausch.

    Das mit der bodennahen Windcharakteristik und der unterschiedlichen Verteilung ist natürlich richtig. Wie groß diese Einflüsse tatsächlich sind, könnte ich mit Hilfe der Lidar-Daten feststellen, aber das ist aus irgendwelchen Gründen wohl nicht erwünscht.

    Was allerdings die 30MWh pro Tag einer Nordex 117 betrifft, so würde, über das Jahr gerechnet, Folgendes rauskommen:

    o 30.000kWh/24h = 1.250kW (bzw. 52,08% der Maximalleistung von 2.400kW)

    o Dafür dauerhaft erforderliche Windstärke in Nabenhöhe: 7,5 m/s (oder, wie es die Gemeinde gerne darstellt, fünf Monate Flaute und sieben Monate: 11 m/s)

    o Entsprechende Vollaststunden: 8.760h pro Jahr * 0,5208 = 4.562,5h pro Jahr

    4.500 Vollaststunden pro Jahr erreichen aber nicht einmal die gigantischen Offshore-Windmühlen in der Nordsee. Bei denen erhofft man sich 4.000, aber in der Realität sind es eher zwischen 3.200 und 3.700 (http://www.dirk-hottmann.com/volllaststundenpotenzial-im-offshore-bereich-ii). Zum Vergleich: Alle Windmühlen im Binnenland haben im Durchschnitt in Deutschland 1.200 – 1.800 Vollaststunden.

    Vielleicht liegen wir nicht nur an der Küste, sondern schon mitten im Meer, und haben es bloß noch nicht gemerkt 😉

  2. aglio e aiolos
    13. Dezember 2012 um 12:19

    30 MWh pro Tag Sehr geehrter Aviator,

    war tatsächlich die Rede von 30 MWh pro Tag als durchschnittswert über ein Jahr gesehen?
    Das würde ja einen jahresertrag von fast 11.000.000 kWh bedeuten. Meines Wissens nach war in den Gutachten aber die Rede von 6.000.000 kWh, das würde dann bei einer N117 auf vielleicht 2500 volllaststunden hinauslaufen, was nicht so utopisch für eine aufs binnenland zugeschnittene Anlage wäre…

    • QUH-Gast
      13. Dezember 2012 um 15:10

      Zwar nicht sooo utopisch … … aber immer noch utopisch genug, da eben ca. doppelt so viele Volllaststunden wie im Bundesdurchschnitt, oder? Wer auf so etwas hofft, muß schon ziemlich beseelt sein!

  3. MBE
    13. Dezember 2012 um 16:36

    Wind ist leider kein Kriterium Die SWM hatten doch schon letztes Jahr im Gemeinderat offen geäussert, dass sie den Wind gar nicht messen wollen, da der Wind für Ihre Entscheidung irrelevant ist. Sie müssen 200 Windräder rund um München bauen, um ihr Image aufzupolieren und dem Ego ihres Cheffes zu dienen. Ausserdem verdienen sie an der Projektierung und den Netzentgelten.
    Und wenn die Gmbh dann pleite geht werden die mit Subventionen geförderten Windräder an eine andere Gesellschaft verschenkt.
    Und dafür wird unsere Heimat geopfert.
    Ich verstehe nur nicht warum sich Berg so alternativlos für diesen Wahnsinn vor den Wagen spannen lässt.
    Dass die Drohkulisse des Genzrades nur ein Fake war, sollte langsam klar geworden sein.

    • QUH-Gast
      13. Dezember 2012 um 21:03

      Nicht nur für die SWM! Auch aus den Reihen der QUH (ich glaube Herr Kaske war’s) habe ich hier im Blog schon gelesen, dass man die Windkraft hauptsächlich unter dem Aspekt der SUBVENTION sieht. Was dahinter steht, ist natürlich fraglich: Verstrickung? Verblendung? Fromme Überzeugung? …?

  4. aviator
    13. Dezember 2012 um 17:14

    Windertrag. Sehr geehrter Aglio e Aiolos,

    es wurde ein Tagesertrag von 11MWh der WKA auf dem Schuttberg in München (an einem ausgewählten Tag) auf eine für Berg geplante WKA übertragen, und bei gleichen Windverhältnissen 30MWh errechnet. Daraufhin ist im Gemeinderat umgehend Begeisterung über die sagenhaften Erträge der Windkraft in unserer Region ausgebrochen. Die erforderliche Klarstellung erfolgte nicht, es sei denn, ich hätte sie überhört …

    Daß für eine Windmühle bei uns 2.500 Vollaststunden zusammenkommen, würde mich erstaunen. Es wäre jedenfalls ein neuer deutscher Rekord, die Wirklichkeit zeigt ja die ENTSO-E-Statistik. Nordex wirbt für die N117 sogar mit 3.500 Vollaststunden, entsprechend 8,4 GWh pro Jahr oder andauernd 7 m/s Windgeschwindigkeit. Darf’s noch etwas mehr sein?

    Im Prospekt der N117 ist ja nicht mal die Blattspitzengeschwindigkeit richtig berechnet:

    http://www.nordex-online.com/fileadmin/MEDIA/Gamma/Nordex_N117_2400_de.pdf

    13,2 U/min. ergeben bei einem Rotordurchmesser von 116,8m nämlich nicht 72, sondern 80,7 m/s Umfangsgeschwindigkeit (d*Pi*n/60), und das ist schon etwa der halbe Wert eines Hubschrauberrotors. Das wollten sie dann wohl doch nicht reinschreiben 😉

    Fazit: Bei der Windkraft überwiegt oft das Wunschdenken. Es wird geglaubt, was man gerne hört, und die Realität wird ausgeblendet. Kleine Bettlektüre:

    http://www.anemos.de/9/files/120228_enerviews_2012_Februar_Windindex_Auswirkungen.pdf

    http://www.anemos.de/9/files/Flaute_nach_Plan.pdf