Nicht so hitzig und nicht so verzweifelt wie die Partie des TSV 1860 gegen Jahn Regensburg ging es in der heutigen Sitzung des Berger Gemeinderats zu. Diskutiert wurde durchaus, doch das Mobiliar blieb heil, und Einsatzkräfte mussten nicht anrücken. Und es waren auch keine 60.000 Zuschauer da. Es waren nicht mal sechs. Genau genommen zwei.
Unterdessen in München
Während die blauen 60er gegen die roten Regensburger antraten, ging es im Berger Gemeinderat zu Beginn eher um grünes Gedankengut. Ernst Deiringer vom Energiewendeverein Landkreis Starnberg und ehemaliger SPD-Gemeinderat aus Seefeld stellte in einer Präsentation das “Kommunale Förderprogramm zur nachhaltigen Erzeugung und Nutzung von Energie – Klimaschutz und regionale Wertschöpfung” vor. Seefeld hat in den 18 Jahren, in denen es dieses Förderprogramm praktiziert, ca. 1 Million € Fördergelder für Privatleute ausgegeben – aber nicht für gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen, sondern ausschließlich für “Add-ons”. In Seefeld – mit 7.200 Einwohnern – wird ein Höchstsatz von 9.200 € innerhalb von fünf Jahren für ein Objekt gezahlt. Interessant dabei ist nicht nur die Anzahl der geförderten Maßnahmen zur Nutzung regenerativer Energien, sondern auch die indirekten Folgen sind beachtlich: Allein für Heizungstausch und energetische Sanierungen wurden 500.000 € Fördergelder ausgegeben, damit wurden 5 Millionen € für die entsprechenden Aufträge zur Umsetzung vergeben. 49 % davon gingen an Landkreisfirmen, 27 % an Seefelder Firmen – regionale Wertschöpfung par excellence. Und indirekt fließen die Fördermittel dann auch über die Gewerbesteuer zurück. Fünf Landkreiskommunen haben dieses Förderprogramm bereits.
Drei Tagesordnungspunkte waren dem Bauen gewidmet. Ein Bauvorhaben in Kempfenhausen (Sanierung und Erweiterung eines Bestandsgebäudes plus Einbau einer weiteren Wohneinheit) musste abgelehnt werden, da – trotz Beratung durch das Bauamt – nicht gemäß den Vorgaben des Bebauungsplans geplant und gebaut wurde. Das Landratsamt stellte den Bau ein, die Anträge auf Befreiung – mit teilweise geringen (Wandhöhe, Abgrabungen), aber auch deutlichen (Grundfläche, Dachneigung) Überschreitungen – konnten so nicht genehmigt werden. Für die Bauherren eine tragische Sache, die sie wohl mit ihrem Architekten zu bereden haben.
In der Etztalstraße wurden – zusätzlich zu den bereits genehmigten zwei Einfamilienhäusern mit insgesamt drei Wohneinheiten – drei weitere Wohngebäude – ein Einfamilienhaus und zwei Doppelhäuser genehmigt und eine Ausnahme von der Veränderungssperre beschlossen. Somit entstehen dort insgesamt acht neue Wohneinheiten. Die erforderlichen Stellplätze sind nachgewiesen.
Der Bebauungsplan Nr. 2 “Gebiet an der Sibichhauser Höhe” wurde nach erneuter öffentlicher Auslegung samt Abwägung gebilligt, die Satzung beschlossen.
Stefan Rath, neuer Mitarbeiter im Amt für Hoch- und Tiefbau, stellte die Planungen für die Horterweiterung in der Oskar Maria Graf-Schule vor. Zehn zusätzliche Hortplätze werden dort geschaffen – die Zahl der Grundschulkinder ist zurückgegangen, so dass zwei neue Räume für den Hort genutzt werden können. So können alle Kinder untergebracht werden, nachdem sich auch einige Eltern beim Betreuten Mittagstisch, der seine Öffnungszeiten erweitert hat, angemeldet haben. Für Diskussion sorgte die Auflage der Barrierefreiheit – nach Art. 48 der BayBO müssen öffentliche Gebäude barrierefrei sein. Von den 95.000 € Baukosten für die Horterweiterung werden ca. 40.000 allein für eine Rampe – die allerdings auch von Lieferanten genutzt werden kann – und für einen Treppenlift zur Toilette veranschlagt. Eine Selbstverständlichkeit, bekundeten GR Steigenberger und die Inklusionsbeauftragte GR Fuchsenberger, ein Widerspruch gegen den gesunden Menschenverstand (da bisher noch nie ein Treppenlift benötigt worden war), meinte GR Hlavaty. Bgm. Monn versicherte, es sei unmöglich, eine Toilette auf derselben Ebene einzubauen. Der Gemeinderat billigte die Nutzungsänderung und erteilte das Einvernehmen.
Barrierefreiheit war auch Thema bei den Anfragen aus dem Gemeinderat – GR Fuchsenberger wollte wissen, ob im Zuge der energetischen Sanierung des gemeindeeigenen Gebäudes, das das Restaurant Müller’s auf der Lüften beherbergt, auch ein barrierefreier Toilettenzugang eingerichtet werden könne. Leider nein, lautete die Antwort. Für einen klassischen Treppenlift sei unten zu wenig Platz – die Alternative wäre eine Art Skigondel – ein Zahnriemenkranz müsste an der Decke befestigt werden, und zwar die Treppen hinunter und den ganzen Gang unten entlang, damit die “Gondel” dort geparkt werden könne. Für eine ebenerdige Toilette sei auch kein Platz.
GR Galloth fragte nach den Asphaltbrocken, mit denen offenbar der Bachjägerweg aufgefüllt wurde. Das sei sehr gefährlich für Radfahrer. Es handle sich wohl um Fräsgut von gemeindlichen Straßensanierungen, antwortete Bgm. Monn. Man werde versuchen, mit einer Walze oder Rüttelmaschine Abhilfe zu schaffen.
60 war zum Ende der Sitzung längst abgestiegen. Wir hoffen, sie kommen wie Phönix aus der Asche wieder.