Matthias Helwig und Dagmar Wagner
Gestern Abend Weltpremiere von Ü 100 – dem Dokumentarfilm der Berger Regisseurin Dagmar Wagner, die sich mit Kinobetreiber Matthias Helwig freute, dass sogar die 168 Kinoplätze im Kino 1 des Breitwand Starnberg mehr als voll besetzt waren. Ü 100, gefördert u.a. vom Seniorentreff Starnberg, ist beim Dokumentarfilmwettbewerb des FSFF mit im Rennen, wie Matthias Helwig vorab erzählte. Er erzählte auch, wie sich Dagmar Wagner beim FSFF bewarb – ein Anruf, als der Film noch gar nicht fertig war – aber das Ergebnis überzeugte sofort. Und Dagmar Wagner wiederum erzählte, wie der ARRI-Geschäftsführer im Flugzeug von dem Projekt erfuhr und im Nachgang die Postproduction sponsorte.
Mit dem Start des Films gehörte der Abend den Über-100-jährigen. In Großaufnahmen fokussiert die Kamera (Thomas Beckmann), ruhig geschnitten (Frank Schönfelder), die Gesichter der Protagonisten. Nach anfänglichen Hörschwierigkeiten versteht man sich bald deutlich und gut, und es wird geredet. Nicht immer stringent, auch abgelenkt, zerstreut, hilflos, und vor allem werden keine Lebensgeschichten erzählt, sondern es geht ums Hier und Jetzt. Was für eine gute Erfindung der Rollator sei, was man tagein, tagaus so mache.
Erna Rödling (104) zum Beispiel guckt gerne Fußball, aber erst, seit sie fast 100 ist. Nur das Spielende bekommt sie nie mit, denn um 22 Uhr muss sie schon immer schlafen gehen. Doch zum Jubeln sei sie eh zu alt, sagt sie. Anna Poeller (103) sagt auf die Frage, wie sie es mit dem Sterben halte: “Ich weiß nicht, wie das geht, wenn man stirbt, darum habe ich ein bisschen Angst.” Aus Erfahrung sagt sie: “Bis 100 lass ich’s mir noch gefallen, aber was drüber ist, taugt nichts mehr.” Und “so wurscht” sei ihr heute alles, was war, vorbei sei vorbei.
Unmittelbare, nicht schönende Bilder sind das, bis auf wenige Zwischenschnitte mit Ausblicken aus den Heimzimmern oder nachempfundenen Erinnerungsbildern. Und die Menschen wirken ganz frisch und leicht und unmittelbar – bis die Kamera aufzieht. Je mehr Außenwelt im Bild dazukommt, umso deutlicher wird die Last, die das Altern mit sich bringt. Nicht nur die Last der Einsamkeit, der körperlichen Beschwerden, auch die Last der noch vorhandenen oder im Gespräch zum Vorschein kommenden Erinnerungen.
Alle Facetten des Alterns kämen in diesem Film vor, sagte in der Abschlussrunde die eigens angereiste Gerontologin vom Sozialministerium, deren Namen wir wiederum nicht notiert haben.
Zwei Namen allerdings kannten die meisten anwesenden Berger: Dagmar hatte den Film Rosi und Trixi gewidmet. Wie schön.
Der Star des Abends war wirklich gekommen: Erna Rödling (104)
(Foto rechts: (c) Moritz Wagner)
Der Film läuft übrigens heute und morgen noch in Dießen und Seefeld:
29.07.2014 20:00 in Dießen Augustinum
30.07.2014 19:15 in Breitwand Schloss Seefeld (Lounge)