Der Kaiser und Berg

Die Gemeinde Berg ist bekannt für ihr Königsschloss, das König Ludwig I, König Max II und König Ludwig II beherbergte und für die Faamilie Graf, die einiges zur Weltliteratur beigesteuert hat. Der “Kaiser” Franz, bürgerlich Franz Beckenbauer, der am 7. Januar starb, jedoch hatte sich, anders als viele andere deutsche Fußballegenden, nie in unserer Gemeinde niedergelassen. Doch unser Dorf ist die Welt, und die ist bekanntermaßen klein – und so gibt es hier natürlich Menschen, die persönliche Erinnerungen an Franz Beckenbauer haben, die ihn beruflich trafen oder ganz privat um ihn trauern.

Franz Beckenbauer (Foto: Quirin Leppert)

Einer davon ist Quirin Leppert, Fotograf aus Allmannshausen. Er durfte Franz Beckenbauer einst auf dem Golfplatz porträtieren. Er berichtet:

Ich wohnte noch am Stiglmaierplatz in München, als mich im Jahr 2000 die Gala anrief und mich zu einem Fototermin mit Franz Beckenbauer schickte. Ich hatte durchaus einige Promis fotografiert, aber nun sollte ich, auf einem Golfplatz in Starnberg, den Kaiser fotografieren. Hui, da war ich doch etwas aufgeregter als üblich. Die Aufregung steigerte sich noch, weil ich zuerst – noch ohne Navi – den Golfplatz am Gut Rieden gar nicht fand. Als ich endlich leicht verspätet auftauchte, wollte der Kaiser gar nicht fotografiert werden, sondern lieber nur mit dem Autoren über sein Benefiz-Golfturnier sprechen. Immerhin konnte ich während des Interviews ein paar Fotos machen und ihn schließlich überreden, zumindest für 5 Bilder in meine Kamera zu schauen.

 

Auf dem Golfplatz (Foto: Quirin Leppert)

Schon lange kannte unser ehemaliger Gemeinderat und Statiker Christoph Eisenhut den Kaiser Franz. Er plante zwar nie ein Haus in Berg für ihn, sie begegneten sich aber häufig privat.

Links Franz Beckenbauer und Christoph Eisenhut mit anderen Legenden 1993 bei einer Hauseinweihung in Kempfenhausen (Foto: privat)

Christoph erinnert sich noch gut an zwei Ankedoten:

Bei einem Golfturnier am Tegernsee saß ich gerade alleine am Tisch, weil meine Mitspieler am Buffet waren. Der Franz kam vorbei und sagte: “Naja, ich sehe schon, du bist von all deinen Freunden umgeben.”

Christoph Eisenhut mit dem damaligen Ehepaar Beckenbauer (Foto: privat)

Ein weiterer, netter Spruch von ihm ist mir in Erinnerung, als wir das Hauptgebäude Säbener Straße 51 aufgestockt haben. Im laufenden Betrieb beim FCB durften wir zwischen 9 und 16 Uhr keinen Lärm machen. Also haben wir von 6 bis 9 und von 16 bis 22 Uhr lärmintensive Arbeit gemacht. Ich war ganz stolz, dies gegen die Proteste der Nachbarn organisiert zu haben. Dann kommt mir der Franz im Treppenhaus entgegen und meinte:“ Was macht ihr denn da so lang rum? Ich komme gerade aus New York, da bauen die in der Zeit ja ein Hochhaus!“

Wenn das nicht der liebe Franz gewesen wäre, wäre ich, glaube ich, stocksauer gewesen .

 

Ein Kaiser mit Humor (Foto: Quirin Leppert)

Eine kleine Anekdote aus unserem Haushalt gibt es auch noch zu berichten. Sie zeigt Franz Beckenbauers ungeahnte Leidenschaft für Philosohie und Literatur. Über einen privaten Kontakt zum damaligen 2. Vizepräsidenten des FC Bayern durfte unser Gemeinderat und Filmemacher Andreas Ammer bei Franz Beckenbauer anfragen, ob er in einem seiner Filme auftreten würde. Er erinnert sich:

Als Franz Beckenbauer 2012 bei mir anrief, bin ich – so wird mir erzählt – sofort ehrfurchtsvoll vom Stuhl aufgesprungen. Ich hatte erfahren, dass der “Kaiser” ein Hermann-Hesse-Fan sei, und um ein Interview für meinen Film “Hermann Hesse Superstar” gebeten. Er sagte zu, in einer Spielpause (er war Fußball-Experte bei Sky) 5 Minuten Zeit zu haben. Jede dieser 5 Minuten hat dann Eingang in den Film gefunden. Highlight war seine Erzählung, dass er auf seinen langen Flügen in Amerika immer Hesse gelesen habe. Er sei danach „fasziniert von dieser fernöstlichen Philosophie“ gewesen, habe gleichwohl gewusst, „dass auch der Westen philosophisch orientiert war“, und studierte deshalb auch – „Schopenhauer, Nietzsche, Kant, Fichtel, Hege (sic) und so weiter“.  Außerdem las er uns das Gedicht “Stufen” vor und fragte danach freundlich, ob er es auch “gut” gelesen habe.

 

Filmausschnitt aus “Hermann Hesse Superstar” (Regie: Andreas Ammer)

Mit kaiserlicher Noblesse sah Franz darüber hinweg, dass der Philosoph Johann Gottlieb Fichte hieß (anders als der Verteidigerkollege Klaus Fichtel). Den Kaiser als Rezitator eines Hesse-Gedichts sehen Sie hier (zusammen mit Konstantin Wecker, Vincent Klink, Siegfried Unseld, Peter Härtling und Jo Baier).

“Wohlan dann Herz, nimm Abschied und gesunde!”

Kommentieren (1)

  1. 13. Januar 2024 um 11:34

    Hui, was für ein Nachruf. Da musste ich sogar ein kleines Tränchen verdrücken.