Klaus Staeck vor Gericht und im Berger Marstall

Wer ist dieser Klaus Staeck, dem die QUH in Berg Anfang November die große Retrospektive “Nichts ist erledigt” widmet, die in Zusammenarbeit mit dem Künstler entsteht? – Überspitzt gesagt: Lange bevor Jan Böhmermann im Fernsehen die Grenzen der Satire austestete, tat dies Klaus Staeck im Bereich der Kunst. Ein Beispiel: Sein Plakat “Alle reden vom Frieden. Wir nicht.” für das er gleich sechs Mal verklagt wurde:

Plakat von Klaus Staeck aus dem Jahr 1981 (@ edition staeck)

Ein Artikel den Staeck 2018 anläßlich der Eröffnung einer Ausstellung im noblen Folkwang Museum schrieb, gilt so auch für den Berger Marstall:

Wenn heute Abend im Essener Museum Folkwang (Berger Marstall) eine Ausstellung eröffnet wird, in der mehr als 80 meiner in vielen Jahren entstandenen Plakate gezeigt werden, dann fällt hoffentlich dem einen oder anderen Besucher auf, dass mein Credo „Nichts ist erledigt!“ der bitteren Wahrheit entspricht.
Ein Beispiel ist die Aktie der Firma Rheinmetall. Sie konnte im vergangenen Jahr einen Rekordzuwachs von 70 Prozent vermelden (2024 80%). Das ist nicht irgendjemand, sondern das nach eigenen Worten „führende Systemhaus der Heerestechnik Europas im internationalen Wettbewerb“, also der deutsche Rüstungsgigant, dessen an den Nato-Partner Türkei verkaufte Leopard-Panzer gerade in syrischen Kurdengebieten unterwegs sind. (…)
In der Essener (Berger) Ausstellung ist mein Plakat „Alle reden vom Frieden – wir nicht“ von 1981 zu sehen. Darauf abgebildet wie auf einem Familienfoto fünf Rheinmetall-Manager, jeder von ihnen hält eine großkalibrige Panzerabwehrgranate in den Händen.
Das Bild erinnert an Mütter, die stolz ihre Babys dem Fotografen präsentieren. (…) Es folgte eine juristische Auseinandersetzung, die meine berufliche Existenz aufs Spiel setzte. Eine Düsseldorfer Anwaltssozietät forderte mich auf, das Plakat zurück zu ziehen, da ich ihre Mandantin Rheinmetall, diskriminiert hätte, indem ich suggerieren würde, die abgebildeten Vorstände seien gegen den Frieden.
Es folgten mehrinstanzliche Auseinandersetzungen über satirische Kritik, niemand würde ja die Bundesbahn für schlechtes Wetter verantwortlich machen. Ich hatte mehrere Richter auf meiner Seite. Das Landgericht wies die Beschwerde von Rheinmetall ab, weil es nicht darauf ankomme, „dass jeder Betrachter das Werk als Satire erkennt, denn jede Satire läuft Gefahr, von jenen verkannt zu werden, die keinen Sinn dafür haben“.

Noch schlimmer erging es dem Plakatmacher, als er die gleiche Idee noch einmal im Kampf um das Verbot von FCKW-Stoffen im Auftrag von Greenpeace verwendete und dabei die Verantwortlichen von zwei Chemiekonzernen ins Bild setzte:

Plakat von Klaus Staeck aus dem Jahr 1988 (@ edition staeck)

Neun Jahre (und damit länger als das Verbot der 1995 verbotenen FCKW-Stoffe) dauerte die gerichtliche Auseinandersetzung um dieses Plakat, die bis zum Bundesverfassungsgericht geführt wurde und ebenfalls mit einem glatten Freispruch endete. Klaus Staeck dazu:

Zu meinem Glück hatten sich die beiden Kläger nicht mich, sondern Greenpeace als Prozessgegner ausgesucht. Es war der Beginn eines neunjährigen juristischen Hürdenlaufs, der erst im Jahre 1999 durch eine abschließende Entscheidung des Bundesverfassungs-gerichts zugunsten der Meinungsfreiheit sein spätes Ende fand.


Der immer streitbare Klaus Staeck in seinem Heidelberger Büro

Die QUH präsentiert die große Staeck-Retrospektive im Berger Marstall:

  • Vernissage 31.9. Gespräch mit dem Staeck-Freund Johano Strasser
  • Ausstellung  1.-3.11. täglich von 15-20 Uhr
  • Filmvorführung 2.11. 20 Uhr / “Die Kunst findet nicht im Saale statt” / ARD-Dokumentation. von Andreas Ammer in der “Was mit Ton”-Galerie (Marstall)

Der Eintritt zu allen ‘Veranstaltungen ist frei.

 

 

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