Krankenhäuser zu Luxusimmobilien: die 2. Sitzung des Gemeinderates

Die QUH hat heute einen Investitionstip für Sie (womöglich besser als Kryptowährungen): Kaufen Sie sich eine soziale Einrichtung: Beispielsweise ein Altenheim, einen Kindergarten oder … besser noch: ein Krankenhaus. … Nach einigen Jahren – wenn Sie merken, dass sich das nicht so richtig lohnt oder Geldverdienen mühsam ist – stellen Sie einfach den Betrieb ein. Sie entlassen die Kranken und die Belegschaft und werden dafür mit einer riesigen Immobilie belohnt, die es so am See und auch sonstwo kaum mehr gibt..

Und dann: machen Sie das ganze, große ehemalige Krankenhaus, das zuvor (als medizinische Primärversorgung) jahrzehntelang  – und nicht ohne Wohlwollen der CSU-Oberen – vielleicht “ein klein wenig” bevorzugt mit Genehmigungen behandelt wurde, und inzwischen größer ist als alles darum herum … Sie machen das Riesengebäude, in dessen Betrieb die öffentliche Hand viele Millionen investiert hat, im Handstreich und ohne große Abstriche zu Luxusimmobilien. Voll! Auf der ganzen Fläche! Keiner hat etwas dagegen! Angeblich ist es nicht einmal verboten! – Unglaublich? … Nein: Berger Realität!

Mit großer Mehrheit (14:2) beschloss der Berger Gemeinderat gestern, dass die Ex-Argirov-, Ex-Schön-Klinik in Kempfenhausen in großem Stil zu “großzügigem” Wohnraum umgewidmet wird. Die Bettenhäuser werden – so sieht es der aufgestellte Bebauungsplan vor – weichen und fast vollumfänglich durch fünf fünfeckige Baukörper ersetzt, die sogar viel weiter in die Landschaft und den denkmalgeschützten Park ausgreifen als bisher das Krankenhaus.

Der von der Gemeinde aufgestellte Bebauungsplanentwurf für die “Villa de Osa”. Grün die 5 neuen Pentaeder, handschriftlich schraffiert die bisherigen, kaum kleineren Krankenhausgebäude

Fünf fünfeckige Villen mit jeweils ca. 300qm Grundfläche, zwei Stockwerken und Flachdach sollen auf dem Gelände des Krankenhauses entstehen. Um die Dimensionen klar zu machen: Die beiden riesigen Gebäude auf dem Areal, die bislang Platz für 90 Kranke, gut 100 Angestellte, OPs, Behandlungszimmer, Büros, Intensivstation und technische Geräte auf dem jeweils neusten Stand beherbergten, waren fast genau so groß. Sie werden weichen. An ihre Stelle treten fünf Villen mit je drei Wohneinheiten. Die Zahlen: das Krankenhaus stand auf 1647 qm Grund; die neuen Villen beanspruchen 1590 qm. Die Dichte der Bebauung wird sich also kaum ändern … nur die Bettenanzahl.

Für Berg war es schon ein Erfolg, dass die Bebauung (so wie bisher im linken Flügel des Krankenhauses) zweistöckig bleibt. Darauf scheinen sich Gemeinde und Bauwerber in Vorabsondierungen verständigt zu haben. 

Wo jetzt freier Platz und das Tiefgaragenoberlicht ist, wird eine der fünf 300qm-Villen entstehen. Statt des 1019qm großen südlichen Bettenhauses wird in drei fünfeckigen Blöcken auf 965qm dringend benötigter “Wohnraum” geschaffen 

Mit 14:2 Stimmen genehmigte der Gemeinderat diesen Bebauungsplanentwurf. Nur Julia Galloth (Grüne) und Andreas Ammer (QUH) votierten vehement und voller Unverständnis dagegen, dass das im Flächennutzungsplan als “Privatklinik” ausgewiesene Grundstück kampflos und in fast voller Größe in Luxuswohnraum umgewandelt wird. Die Verwaltung hingegen war froh, in den von Anwälten geführten Gesprächen mit dem Bauwerber eine Dreigeschossigkeit auf dem Gelände abgewendet zu haben. Die neuen Häuser werden dafür bis wenige Meter an die Staatsstraße heran geplant.

Und mit einem Blick von der landschaftlich ehemals wunderschönen Costa Blanca, verabschieden wir uns bis morgen, bis wir Sie über den Rest der Gemeinderatsbeschlüsse informieren, … auch darüber, dass der Gemeiderat nicht in allen Fällen ein so offenes Ohr gegenüber Bauwerbern hat:

Benidorm (Photo ben_kitchener3 https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/deed.de )

Auch an der Costa Blanca ist in den schönen Häusern mit Meerblick die medizinische Versorgung übrigens nicht sooo optimal. Die meisten der Bewohner dort fahren zur Behandlung in die Krankenhäuser nach Deutschland … bisher.

Der bulgarische Prominenten-Arzt, Romanautor und Strauß-Freund Valentin Argirov, der 1965 in Deutschland Asyl als politisch Verfolgter beantragt hatte, kaufte das Areal in den 80iger Jahren und baute die Privatklinik – mit viel öffentlicher Unterstützung – in ein diskretes Nobelkrankenhaus mit guten CSU-Kontakten aus, in dem (Folge der großzügigen öffenlichen Förderung) aber auch Kassenpatienten behandelt werden mussten. Der “Spiegel” zitiert den Spruch aus der CSU-Führung: “Hast du mit der Leber Zoff, geh zu Doktor Argirov” (dessen Doktor-Titel in Deutschland allerdings nicht anerkannt wurde). 2003 verkaufte Argirov das Anwesen, in das der Freistaat Bayern laut “Spiegel” schon in den 80iger Jahren rund 30 Millionen investiert hatte, an die Schön-Gruppe, die es nun direkt zu Geld macht.

Kommentieren (1)

  1. Gast
    31. Januar 2018 um 22:50

    Vielen Dank, Sie sprechen uns aus der Seele. Es ist erschreckend mit welcher Willkür vor allem das Bauamt aber auch Bürgermeister und Gemeinderat über Bauvorhaben in unserer Gemeinde entscheiden. Mit Gleichberechtigung hat das nichts mehr zu tun und zum Wohl der Gemeinschaft ist das sicher auch nicht.